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Familiengeld für Panzer und Dienstkarossen?

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Seit 1954 wird Geld für die besondere Belastung der Familien bereitgestellt. Das Prinzip des Lastenausgleichs wird in den letzten Jahren immer mehr pervertiert.

Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) wurde 1954 gegründet, um „den Ausgleich der Familien zu schaffen zwischen denjenigen, die die Lasten” der Ernährung, Bekleidung, häuslichen Unterbringung und Erziehung von Kindern ,4m Interesse der gesamten Gesellschaft tragen und jenen, die solche Lasten nicht zu tragen haben, jedoch bewußt oder unbewußt daraus Nutzen ziehen, daß es andere für sie tun”.

Das „Zusammenspiel zwischen den Ausgleichszahlungen (Beihilfen) und der Steuerpolitik” wurde im Motivenbericht für das

Gesetz als „notwendig” bezeichnet, „damit diese famüienpoliti-schen Maßnahmen nicht nivellierend wirken und den Grundsatz des Leistungslohnes bzw. des Leistungsertrages nicht beeinträchtigen.”

Die Ausweitung des FLAF-Budgets kam einerseits dadurch zustande, daß der FLAF immer zusätzliche Aufgaben, die entweder neu eingeführt oder vorher aus anderen Budgets des Bundes bzw. der Länder, (z. B. Geburtenbeihilfe, Karenzurlaubsgeld) bezahlt wurden, übertragen erhielt.

Aufeder anderen Seite stiegen auch öurch die starke Zunahme der Löhne und die Zuführung neuer Mittel die Einnahmen. Bis 1977 war der Dienstgeberbeitrag Haupteinnahmequelle des FLAF und betrug sechs Prozent der Lohnsumme. In zwei Etappen wurde er auf 4,5 Prozent gesenkt; diese 25 Prozent der Einnahmen fließen heute in die Pensionsversicherung.

1968, im Jahr der Neuordnung des FLAF, verfügte der Fonds über Gesamteinnahmen von 6,8 Milliarden Schilling (davon 6,1 Milliarden Schilling Dienstgeberbeitrag), 1971: 9,1 Milliarden Schilling (8,2 Milliarden Schilling Dienstgeberbeitrag), 1977: 19,3 Milliarden Schüling (17,6 Mrd. S Dienstgeberbeitrag).

1978 wurde der - seit 1972 bis heute unveränderte - Kinderab-setzbetrag in einen Teil der Familienbeihilfe umgewandelt (350 Schilling pro Monat).

Damit niemand behaupten könnte, diese Umwandlung sei ein Geschäft für den Finanzminister, zahlte der Bund für die Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer als Abgeltung 6,8 Milliarden Schilling (1978) in den Familien-lastenausgleichsfonds, in den Jahren 1979, 1980, 1981, 1982 und

1983 je 7,2 Milliarden Schilling und seit 1984 und 1985 je 10,5 Milliarden Schilling ein, ohne daß jedoch in den letzten beiden Jahren der Anteil des früheren Kinderabsetzbe-trages in der Familienbeihilfe erhöht wurde.

Bei den Ausgaben gab es 1968 nur

• Familienbeihilfe (1968:6,5 Milliarden Schilling, 1985: 27,5 Milliarden) und

• Geburtenbeihilfe (1968: 246 Millionen, 1985: 1,1 Milliarden Schilling), wobei hiezu noch anzumerken ist, daß die Geburtenbeihilfe mit Beginn des Jahres

1984 um ein Drittel gekürzt wurde. Heute werden aus dem FLAF folgende Leistungen bezahlt, wobei in Klammern das Jahr der Einführung und der Bundesrechnungsabschluß bzw. die Budgetansätze des Jahres 1985 angegeben werden:

• Schulfahrtbeihüfen (1971: 140 Mülionen Schilling, 1985: 250 Millionen Schilling);

• Schülerfreifahrten (1972: 417 Mülionen, 1985: drei Milliarden);

• Gratisschulbücher (1972: 465 Millionen, 1985: eine Milliarde);

• Beitrag zum Karenzurlaubsgeld (1974: 200 Mülionen, 1985: 1,3 Milliarden);

• Mutter-Kind-Paß (1974: 54 Millionen, 1985: 270 Millionen);

• Unterhaltsvorschüsse (1976: 3,2 Millionen, 1977: 123 Millionen, 1985: 600 Mülionen; rückgezahlte Vorschüsse 1977: 25 Millionen, 1985: 230 Millionen);

• Beiträge zur Schülerunfallversicherung seit 1977 bis heute je 30 Millionen Schilling pro Jahr;

• Entbindungsbeiträge (1978: 42 Millionen, 1982: 35,3 Millionen);

• Abgeltungshilfen 1979 bis 1981;

• Teilersätze der Aufwendungen für das Wochengeld (1980: 450 Millionen, 1985: 930 Millionen);

• Kosten der Betriebshilfe (1983: 74 Millionen, 1985: 90 Millionen);

• Sonstige familienpolitische Leistungen: derzeit keine Ausgaben.

In den sechs Jahren von 1971 bis 1977 hatte der Familienlastenaus-gleichsfonds Uberschüsse in der Gesamthöhe von mehr als zehn Milliarden Schüling angesammelt, die entgegen den Vorschlägen der Familienorganisationen nicht laufend an die Familien ausbezahlt wurden, sondern — zuerst schlecht verzinst und erst nach massiver Kritik des Rechnungshofes besser verzinst — auf der Postsparkasse ruhten.

Diese Uberschüsse sind in den darauffolgenden mageren Jahren aufgebraucht worden.

1984 sah der Bundesvoranschlag beim FLAF einen Abgang von 1,4 Milliarden Schilling vor, die entsprechend dem FLA-Gesetz nach Aufbrauchen der Barmittel bei der Postsparkasse aus der Schuld des Bundes an den Familienla-stenausgleichsfonds zu decken gewesen wären. Der Finanzminister hatte auch im allgemeinen Budget die Mittel hiefür bereitgestellt.

Da bereits Mitte des Jahres erkennbar war, daß der FLAF auf jeden Fall positiv budgetieren würde, wurden die zur Defizitabdeckung vorgesehenen Mittel im Budgetüberschreitungsgesetz für Panzerkäufe, Repräsentationsausgaben und ähnliches verwendet.

Am Ende des Jahres 1984 stellte sich heraus, daß — wie es in einem Bericht an den Nationalrat lautet — „vor allem bedingt durch einen geringeren Bedarf an Familienbeihilfen infolge eines Geburtenrückganges bzw. dem Ausscheiden von geburtenstarken Jahrgängen” dem Familienlastenaus-gleichsfonds fast 800 Millionen Schilling „übriggeblieben” sind, die nun — hoffentlich bestens verzinst — bei der Postsparkasse eingelegt sind.

Aus diesem Bericht an die Abgeordneten geht auch hervor, daß in fast allen Aufgabenbereichen des Bundes die Ausgaben gegenüber 1983 anstiegen, nur beim Familienbudget um 5,2 Prozent zurückgingen.

Im Familienlastenausgleichs-f onds ist also Geld vorhanden und zwar fast 800 Millionen Schilling in bar und 1,5 Milliarden Schilling aus der Schuld des Bundes an den Familienlastenausgleichsfonds.

Keine Budgetsanierung

Unverständlich bleibt, daß die Familienbeihilfe mit Beginn des Jahres 1985 nicht entsprechend angehoben wurde, daß die Teuerungsabgeltung für die Mehrkindfamilie nicht weiterbezahlt wurde, daß die Geburtenbeihilfe mit Beginn des Jahres 1984 gekürzt wurde.

Es gibt Vermutungen, daß auch im Budgetjahr 1985 Mittel des Familienlastenausgleichsfonds überbleiben werden. Diese vorhandenen Mittel müssen tatsächlich den Familien zugute kommen und nicht den Finanzminister von seinen übernommenen Verpflichtungen entlasten.

Die Budgetsanierung, die durch die steigenden Mehrbelastungen (es sei nur an die Mehrwertsteuererhöhung 1984 erinnert) ohnehin die Familien besonders trifft, darf nicht wie bisher über den Fa-müienlastenausgleichsfonds vorgenommen werden.

Der Autor ist Generalsekretär des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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