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Fanal in Guatemala

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Die Polizei Guatemalas machte kurzen Prozeß, obwohl sie damit rechnen mußte, daß ihr Eingreifen ein Blutbad anrichten würde: In der Nacht zum 1. Februar stürmte sie die spanische Botschaft in Guatemala City, die 32 Bauern aus dem Norden dieses mittelamerikanischen Staates besetzt gehalten hatten. Die Bot-schaftsbesetzer wollten mit ihrer Aktion die Weltöffentlichkeit auf das zunehmend größer werdende Elend der Bauern aufmerksam machen.

Am Ende der Polizeiaktion waren 39 Tote zu beklagen; 32 Bauern, zwei hohe guatemaltekische Politiker und fünf Botschaftsangehörige. Nach Darstellung der Regierung kamen alle Opfer durch ein Feuer um, das durch einen gezündeten Molotow-Cock-tail ausgelöst worden sei.

Tatsache ist jedenfalls, daß sich Guatemala in einem zunehmend gefährlicher werdenden politischen Polarisierungsprozeß befindet, sich der politische Terrorismus in den letzten Jahren ständig verschärfte. Denn die wirtschaftliche und soziale Struktur des Landes ist ein geradezu idealer Nährboden für politische Gewalttäter aller Art

So kontrolliert ein Prozent der Bevölkerung 80 Prozent des Eigentums, besitzen etwa 100 Personen ein Sechstel des Landes und nur eine wenig größere Gruppe verfugt bereits über ein Drittel des Großgrundbesitzes. Dem steht eine Unterschicht (Indios, Analphabeten, einfache Arbeiter, kleine Grundbesitzer und Handwerker) gegenüber, die 80 Prozent der Bevölkerung ausmacht und zum größten Teil am Rande beziehungsweise unterhalb des Existenzminimums dahinvegetiert.

Laut Amnesty International sind 22.000 Menschen seit 1966 getötet worden. In den letzten 18 Monaten sollen 4000 (angebliche) Oppositionelle von Polizei und paramilitärischen Todesschwadronen umgebracht worden sein.

Unter diesen Gesichtspunkten schwant einem nichts Gutes für die Zukunft Guatemalas. Und der Brand in der spanischen Botschaft kann wohl als Fanal für eine neue Revolution in Mittelamerika gedeutet werden,

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