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Fanal zum totalen Bürgerkrieg

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Dreitausend Tote und an die 130.000 Georgier auf der Flucht: das ist die Bilanz von zwölf Monaten systematischer Vertreibungen, begangen durch die Abchasier.

Wladislaw Ardsinba (43), Volkstribun und Drahtzieher der Abchasen-Rebellion gegen Georgien: „Auf dem eigenen Boden wollen wir nicht Gäste, sondern Herren sein. Den Kampf aufzugeben, wäre schlimmer, als Verrat zu üben; wir würden dann als Volk einfach verschwinden."

Hilflos ist das kleine Moslem-Volk, das nur aus 100.000 Menschen besteht und selbst in der eigenen Heimat eine Minderheit bildet, durchaus nicht. Vergangene Woche zerrieben abchasische Freischärler die georgischen Truppen auf breiter Front.

Offiziell bestreitet Moskau ein Paktieren mit den Abchasiern. Doch ist es ein offenes Geheimnis, daß die Aufständischen aus Waffenbeständen der Roten Armee hochgerüstet und von ehemaligen Sowjetgenerälen logistisch unterstützt wurden. Ex-Sowjetunion Außenminister Eduard Schewardnadse, georgischer Staatschef, ist für die Russen längst kein Bundesgenosse mehr. Sie nehmen es ihm heute übel, daß er seinerzeit maßgeblich die Liquidierung des alten Reiches vorangetrieben hat, ohne eine Alternative zu bieten.

Als Schewardnadse sich im Jänner 1992 einer zwielichtigen Militärjunta bediente, um Präsident Swiad Gamsachurdia, einen Ex-Dissidenten, der wie ein Diktator agierte, zu entmachten, war klar, daß es ihm nicht möglich sein wird, Georgien vor wirtschaftlichem Ruin und staatlichem Untergärig zu bewahren.

Heute, 18 Monate später, ist Schewardnadse am Ende. Widersacher Gamsachurdia nutzte die Gunst der Stunde und machte sich mit einem schwerbewaffneten Kommando aus seinem russischen Exil in die Heimat auf. Nun will er den Zweifronten-Kampf aufnehmen: zuerst gegen Ardsinba, dann gegen Schewardnadse - ein Fanal

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