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Fapst und Bischöfe

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„… es ist wahrlich nicht die katholische Kirche, in welcher der unsittliche und despotische Grundsatz, der Befehl des Oberen entbinde unbedingt von der eigenen Verantwortlichkeit, Aufnahme gefunden hat.“ Dieses Zitat stammt nicht aus einer der kirchenkritischen Gazetten unserer Tage, sondern aus Denzinger-Schönmetzer, Enchiridion Symbolorum, Herder 1976, p. 606, also der Sammlung kirchenamtlicher Entscheidungen.

Geschrieben wurden diese Worte im Februar 1875 von den deutschen Bischöfen an Reichskanzler Bismarck. Dieser hatte zuvor der Befürchtung Ausdruck gegeben, durch das I. Vaticanum sei ein römischer Zentralismus und päpstlicher Totali-tarismus zum Dogma erhoben worden; es sei „die bischöfliche Jurisdiction in der päpstlichen aufgegangen“, die Bischöfe seien nur noch „Werkzeuge des Papstes, seine Beamten ohne eigene Verantwortlichkeit“, und der Papst sei „vermöge seiner Unfehlbarkeit ein vollkommen absoluter“ Souverän.

Dagegen protestierten die deutschen Bischöfe in einer Kollektiverklärung: „Alle diese Sätze stehen mit dem Wortlaute wie mit dem Sinn der Beschlüsse des Vaticani-schen Concils entschieden im Widerspruch.“ Nach den Beschlüssen des I. Vaticanums hat der Papst eine höchste und direkte Amtsgewalt über die ganze Kirche und mithin auch auf jede Diözese. Aber nach der katholischen Lehre ist „der Papst Bischof von Rom, nicht Bischof irgendeiner anderen Stadt oder Diöcese, nicht Bischof von Köln oder Breslau, usw.“

Das begründen die Bischöfe Deutschlands theologisch noch näherhin: ,iKraft derselben göttlichen Einsetzung, worauf das Papsttum beruht, besteht auch der Episkopat; auch er hat seine Rechte und Pflichten vermöge der von Gott selbst getroffenen Anordnung, welche zu ändern der Papst weder das Recht noch die Macht hat.“

Und Bismarcks Interpretation der vollkommen absoluten Souveränität des Papstes beruhe „auf einem durchaus irrigen Begriff von dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit. Wie das Vaticani-sche Concil es mit klaren und deutlichen Worten ausgesprochen hat, bezieht sich dieselbe lediglich auf eine Eigenschaft des höchsten päpstlichen Lehramts. Hinsichtlich der Regierungshandlungen des Papstes ist dadurch nicht das Mindeste geändert worden.“

Die Worte der deutschen Bischöfe wurden Papst Pius IX. bekannt. Dieser lobte die Klarheit und Solidität ihrer Erklärung und bestätigte sie. Die Bischöfe hätten dadurch ihn und die Kirche erfreut und deren Ruhm vermehrt.

All das geschah vor mehr als 100 Jahren!

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