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China ist ein kommunistisches Land“, läßt Vizeaußenminister Zhou Nan, er kennt Österreich und ist seit seiner Tätigkeit in früheren Jahren bei der UNO mit Peter Jankowitsch und dem österreichischen Botschafter in Beijing, Wolfgang Wolte, gut bekannt, keinen Zweifel an der Position der Volksrepublik offen. Auch sonst zeichnet er klare Konturen der chinesischen Außenpolitik. # Uber die Beziehungen der VR China zu den USA und der UdSSR:

„Wir sind der Meinung, daß die Hauptquelle der Bedrohung des Weltfriedens in der Rivalität der beiden Supermächte liegt. Nach langer Beobachtung sind wir zum Schluß gekommen, daß sich beide nun in einer Patt-Situation befinden. Beide haben ihre jeweils eigenen Stärken im Wettrüsten. Aber uns ist ganz klar, von welcher Seite uns Gefahr im asiatischen Raum droht.

Wir lehnen es ab, wenn von den beiden Supermächten — oder von einer der beiden, eine hegemonistische Politik in der Welt verfolgt wird. Andererseits sind wir bereit, auf der Grundlage der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz (Anm.: gegenseitige Respektierung der Souveränität und der territorialen Integrität, Verzicht auf Aggression und Einmischung in innere Angelegenheiten, gleicher sowie gegenseitiger Nutzen und friedliches Nebeneinander) normale Beziehungen zu beiden Ländern zu entwickeln und aus-' zubauen.

Aber wir werden nie mit der einen oder anderen Seite ein strategisches Verhältnis oder ein Blockbündnis eingehen, in internationalen Fragen nie dem Druck der einen oder anderen Seite nachgeben. Obwohl China kein Mitglied der Blockfreien ist, halten viele China de facto für das größte Mitglied dieser Bewegung. In dieser Hinsicht glauben wir, daß die Politik Chinas der Österreichs sehr ähnlich ist.“

• Zur Normalisierung der Beziehungen zur UdSSR:

.Lange Zeit war das chinesisch-sowjetische Verhältnis abnormal. Dabei ist klar, bei welcher Seite die Verantwortung dafür liegt.

Um zu einer Normalisierung zu kommen, sind beiderseitige Anstrengungen nötig. Eine Normalisierung ist aber nur möglich, wenn zuvor einige Hindernisse entfernt werden: Erstens die Einstellung der sowjetischen Unterstützung für Vietnam und Kambodscha. Zweitens der sowjetische Truppenrückzug aus Afghanistan. Drittens die Reduzierung der Truppen an der gemeinsamen Grenze. Bisher wurden aber in diesen Bereichen noch keine Ergebnisse erzielt. Unter diesen Umständen ist eine Normalisierung der Beziehungen nicht möglich, obwohl die beiden Seiten auf dem Gebiet des Handelsaustausches einen großen Fortschritt gemacht haben. Auch wenn eines Tages die Beziehungen zwischen China und der Sowjetunion normalisiert sein sollten, können sie nicht mehr den Stand der fünfziger Jahre erreichen.“

• Zur Genfer Verhandlungsrunde und dem bevorstehenden Gipfeltreffen:

„Wir begrüßen es, daß die beiden Supermächte ihre Beziehungen entspannen. Wir begrüßen deshalb die Wiederaufnahme der Genfer Abrüstungsverhandlungen und daß es zu einem Gipfeltreffen kommt. Wir hoffen, daß bei diesem Gipfel Ergebnisse erzielt werden, aber nicht auf Kosten der Interessen anderer Länder.

Aber eines ist uns auch klar: Keine der beiden Seiten wird auf ihre Stärken im Wettrüsten verzichten. Daher ist die Hoffnung, daß es bald zu Ergebnissen in Genf kommt, nicht realistisch.“

• Uber den neuen außenpolitischen Kurs der VR China:

„Die zwischenstaatlichen Beziehungen können sich nur dann normal entwickeln, wenn sie auf der Grundlage der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz aufbauen. Wir achten aber auch besonders auf einen anderen Grundsatz der bilateralen Beziehungen: Man soll sie nicht nach dem gesellschaftlichen System oder in Ubereinstimmung mit Ideologien wählen.“

# Uber die chinesische Nahost-Politik, wobei die VR China intensive Beziehungen mit den Palästinensern pflegt:

„Wir sind für eine politische Lösung im Nahen Osten, aber diese muß von drei Voraussetzungen getragen sein. Erstens muß Israel seine Truppen aus allen besetzten arabischen Gebieten zurückziehen. Zweitens müssen die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes anerkannt werden. Wenn diese Punkte erfüllt sind, kann die dritte Voraussetzung garantiert werden: Alle Länder im Nahen Osten haben ein legitimes Existenzrecht.

Wir sind der Meinung, daß eine Nahost-Lösung von den USA abhängt. Würden die USA Druck auf Israel ausüben, müßte Israel seine kompromißlose Haltung ändern. Sonst kann eine Lösung nur immer weiter hinausgeschoben werden, wobei die Gefahr einer noch größeren Rivalität der beiden Supermächte größer wird.

• Uber die Möglichkeit von Beziehungen der VR China zum Vatikan:

„Der Vatikan hat den Wunsch geäußert, mit China Beziehungen aufzunehmen. Wir haben zwei Forderungen gestellt. Erstens: Der Vatikan muß die Beziehungen zu Taiwan abbrechen. Zweitens muß der Vatikan von allen Einmischungsversuchen in die inneren Angelegenheiten Chinas Abstand nehmen.“ (Anm. d. Red.: Der harte Kern des Problems besteht darin, daß die Volksrepublik jede Unterordnung der katholischen Kirche Chinas unter die Autorität und Jurisdiktion des Papstes als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ betrachtet.)

Aus einem Gespräch, das eine österreichische Journalistendelegation im Rahmen einer Studienreise durch China mit Vizeaußenminister Zhou Nan in Beijing geführt hat

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