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Fast wäre ich diesmal aufs Donauinselfest gegangen. Ich hatte nämlich im Radio zu meinem nicht geringen Staunen gehört, dass dort heuer eine neue Bühne eingerichtet worden sei: die „Ebner-EschenbachArea“. Man stelle sich vor: Es gibt keine Goethe-Bühne und keine Grillparzer-Lounge, aber dafür eine „Ebner-Eschenbach-Area“! Dort sollte freilich nicht vorgelesen, sondern musiziert werden, und zwar ausschließlich von Frauen.

Die Wiener Frauen-Stadträtin erklärte, Marie von Ebner-Eschenbach sei eine „Vordenkerin“ gewesen, eine „Vorreiterin, was die Gleichbehandlung betrifft“, und da hat sie zweifellos recht, eine wilde Reiterin war sie sowieso. Ob die Jazz-Gitti oder Yasmo & die Klangkantine Ebner-Eschenbachs musikalischen Geschmack getroffen hätten, weiß ich nicht, aber die „Kernölamazonen“ hätten ihr gefallen, und dass Virginia Ernst Eishockeyprofi war, hätte ihr imponiert. Mit der „Ebner-Eschenbach-Area“, erfahre ich, ist der Frauenanteil beim Donauinselfest auf 30 Prozent gestiegen – also auf der Bühne. Marie von Ebner-Eschenbach (18301916) taugt aber nicht allein als Schirmherrin für das Musikgeschäft. Leider zeitlos gültig ist ihr Aphorismus: „Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde – alle dummen Männer.“ Und tatsächlich vorausdenkend war sie mit der Beobachtung: „Wenn eine Frau sagt ‚Jeder’, meint sie: jedermann. Wenn ein Mann sagt ‚Jeder’, meint er: jeder Mann.“ Ihren neuen Frauen-Literaturpreis hat die Stadt Wien gleichwohl nicht nach Ebner-Eschenbach, sondern nach Veza Canetti benannt, die als Autorin der Arbeiter-Zeitung ideologisch eher in Griffweite schien als die Baronin aus gräflicher Familie: „Ein Urteil läßt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil.“ Aber jetzt ist es doch passiert! Jetzt ist alles möglich. Vielleicht sogar eine Gedenktafel in Wien.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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