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Das Elend der Kirchenpresse

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Jede Zeitung ist eine permanente Manifestation menschlicher Unzulänglichkeit. Dieser schöne Satz kam Fritz Csoklich über die Lippen, als er dieser Tage Abschied als Chefredakteur der „Kleinen Zeitung“ nahm, die sicher nicht zu den Kronzeugen solch journalistischer Demut zählt.

Ihr gelingt seit nunmehr 90 Jahren das scheinbare Wunder, breite Volksmassen anzusprechen und trotzdem Qualität und Profil zu wahren, nicht fremdenfeindlich und nicht antisemitisch, sondern offen, tolerant und großherzig zu sein.

Vier Jahrzehnte lang war Fritz Csoklich Bürge und Garant solcher Prinzipientreue. 15.000 mal hat er „die Quadratur des Kreises“ geschafft, ein Massenblatt mit Charakter auf den Markt zu brin-gen. Jetzt versucht es Kurt Wimmer, FURCHE-Lesern jahrelang als niveauvoller Kolumnist vertraut. Man hätte keinen besseren Nach-folger finden können.

Die „Kleine Zeitung“ ist ein Produkt der von Hanns Sassmann jahrelang souverän und weitherzig gesteuerten Styria. Mit Jahresende wird auch er die Kommandobrücke verlassen. Ein neues Kapitel in der Geschichte der katholischen Preßvereine in Österreich beginnt. Kein Grund zum Feiern ist in Sicht.

Verschärfter Wettbewerb zwingt überall zur Magerdiät. In den meisten katholischen Preßvereinen ist diese längst an der Tagesordnung. Es gibt keine Kopie des Massener-folgs der „Kleinen Zeitung“ - weltweit nicht. Rundum sinken die Auflagen kirchlicher Blätter. Und immer mehr schwindet auch in den katholischen Verlagen die Erinnerung an den Gründungs-auftrag, mit den Einnahmen aus dem normalen Kommerzgeschäft die (von Anbeginn erwarteten) Defizite der Meinungsträger zu fi-nanzieren.

Andererseits fragt man sich ja in der Tat, wie lange ein Goldesel im Verlagsstall Produkte retten soll, die offenbar nicht genügend Leserinnen und Leser finden. Kritische Selbstbeschau steht da kirchlich geprägten Zeitungen wohl an. In Österreich kommt freilich dazu, daß Hunderte katholischer Blättchen und Pamphlete die Konkurrenz verschärfen und nicht Vielfalt, sondern Chaos bewirken. Von Einsicht dieser Art fehlt iede Snur.

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