Die doppelte Disbalance

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Österreichs Journalismus irrlichtert derart zwischen Qualität und Quote,­ dass das öffentlich-rechtliche Medium­ zu Sackgassen abbiegt, in die Wegweiser vom Boulevard es locken. Das führt dazu, dass die Krone sich im illustrierten Mantel mit Philippa und Heinz-Christian Strache auf dem Titel verkauft, obwohl dieser das Blatt im Ibiza-Video noch umfärben wollte. Dass ihm eine Ex-FPÖ-Pressesprecherin über vier Seiten ganz lieb Stichworte serviert, gibt dem Skandal-Jubiläum eine besonders pikante Würze.

Was der Krone recht ist, darf dem ORF zwar nicht billig sein, doch die Einladung von Strache zu „Im Zentrum“ war das falsche journalistische Format. Wenn er infolge der Wien-Wahl-Chancen schon keine öffentliche Unperson sein sollte, lässt sich das per Interview, Reportage und Analyse relativieren. Mit dem Polit-Talk begrüßte ihn der ORF jedoch zurück im Ring – auf Augenhöhe mit Irmgard Griss, Wolfgang Peschorn und Peter Filzmaier. Die Quote dafür war sogar besser als beim Skandalausbruch vor einem Jahr. Doch dieser Zweck heiligt den öffentlich-rechtlichen Fehltritt nicht.

Die Karawane zieht trotzdem weiter und übersieht so manchen Vorreiter. Dass Felix Mitterer einen fünften Teil der „Piefke-Saga“ schreibt, geistert diese Woche groß durch viele Blätter. Er hatte es in News schon im April angekündigt. Dass Hubert Patterer Beschwerdeanrufe von Sebastian Kurz erhielt, registrierte Twitter erst drei Tage nach Mitteilung des Chefredakteurs der Kleinen Zeitung. Denn die Wiener Medienblase hat kein wirklich nationales Radar. Nur ORF und Krone verfügen bundesweit über Regionalredaktionen.

Österreichs Medienbranche ist vertikal und horizontal aus der Balance. Der Journalismus agiert in doppelter Schieflage – zwischen Qualität und Quote sowie Wien und den anderen Bundesländern.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalytiker.

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