Die Tomatensuppe der Aktivistinnen um Van Gogh

Das leere Gerede vom Umweltschutz hat uns in den letzten Jahrzehnten nicht weitergebracht. Treibhausgas-Emissionen steigen, es kommt zu keinen Temporeduktionen, Klimaanlagen werden nicht verboten, Lkw-Leerfahrten werden nicht verboten, die Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid ist politische Propaganda, aber nicht Wirklichkeit, und das auch in Ländern, in denen Öko-Parteien in der Regierung sitzen. Fossile Energie und ihre Förderung boomen. Das ist schlimm. Auf die Verlogenheit und die Untätigkeit der Regierenden aufmerksam zu machen, ist eine gute Sache. Und warum nicht mit Aktionismus?

Doch auch Protest durch Aktionismus ist Propaganda und will gut überlegt sein. Am 14. Oktober haben zwei Just-Stop-Oil-Aktivistinnen Tomatensuppe auf ein Bild von Vincent van Gogh geschüttet. Frage 1: Warum Tomatensuppe? Hätte man Tomatensuppe auf Campbell’s Tomato Soup von Andy Warhol geschüttet, wäre das auch ein falsches Zeichen gewesen. Frage 2: Warum ein Kunstwerk?

Mir sind die Werte der Treibhausgas-Emission von Ölgemälden unbekannt, aber ich nehme an, dass sie sich mit Heizkraftwerken und dem Lkw-Verkehr nicht messen können. Vincent van Gogh ist ein schlechtes Feindbild. Dieser Mensch, der von Depressionen und Psychosen geplagt war und an den Folgen eines dilettantischen Selbstmordversuchs starb, bevor er vierzig wurde, war wohl kein Repräsentant einer rücksichtslosen Industrie. Mir würden andere Objekte einfallen, die den Protest gegen fossile Energie besser zum Ausdruck brächten.

Mit dieser Aktion haben die Aktivistinnen, ob sie das wollten oder nicht, eine Kultur- und Geschichtsfeindlichkeit zum Ausdruck gebracht, die sogar Menschen erzürnen muss, die das eigentliche Anliegen unterstützen. Nun geistert die Geschichte durch die Nachrichten und bewirkt das Gegenteil des Intendierten.

Der Autor ist Schriftsteller.