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Geld und Freundschaft

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Nur schlichte Gemüter fürchten, daß sie beim Umtausch vom guten alten Schilling in den Euro draufzahlen werden. Wer gewohnt ist, mit fremden Währungen umzugehen, weiß sehr wohl zwischen nominellem Wert und Kaufkraft zu unterscheiden. Jeder wird also nach dem Umtausch gleichviel an Wert in der Brieftasche oder am Sparbuch haben wie vorher.

Eine ganz andere Frage ist aber, ob der Euro, den wir nach dem 1. Jänner 1999 wahlweise und dann am 1. Jänner 2001 ausschließlich in den Händen haben werden, auch eine so harte Währung sein wird, ja überhaupt sein kann, wie wir es von unserem Schilling gewöhnt sind.

Hinter der erbitterten Auseinandersetzung um den Stabilitätspakt und um Zusammensetzung und Kompetenzen der künftigen Europäischen Zentralbank stehen tiefgreifende Unterschiede in den Auffassungen, die die Europäer vom Geld und vom Zusammenhang von Geld und Politik haben.

Vom bedeutenden österreichischen Nationalökonomen Josef Schumpeter stammt das Wort, die Währung drücke alles aus, „was ein Volk will, tut, leidet”.

Das ist eine typisch deutsche Auffassung. Der Deutsche ist ein leidenschaftlicher Sparer. Das Sparbuch ist ein wichtiger Be-stand teil seines Gefühls von Sicherheit und zugleich der Verantwortung für sich und seine Nachkommen. Stabilität und Erhaltung des Geldwertes sind für ihn daher von größter Wichtigkeit.

Französischen Ohren muß ein Satz wie der von Schumpeter ganz unverständlich sein. In Paris kann man es auch nicht verstehen, daß eine Regierung wie die deutsche die Währungspolitik völlig in die Hand einer von der Regierung völlig unabhängigen Institution, nämlich der Bundesbank, gegeben hat. Franzosen beharren auf dem Primat der Politik - auch und gerade über die Geldpolitik.

Die Engländer wollen sich an dem Projekt Euro gleich gar nicht beteiligen. Es erscheint ihnen undenkbar, britische Souveränität in einem so empfindlichen Bereich wie dem Geld einer europäischen Institution zu übergeben, noch dazu wenn diese auf deutschem Boden liegt und womöglich von deutschem Gedankengut beherrscht ist. Genau das wollten aber die Deutschen, als sie mit aller Kraft verlangten, die Zentralbank müsse ihren Sitz in Frankfurt haben. So, als ob dort ein besonderer geldpolitischer genius loci herrschte.

Daß in Italien eine andere Auffassung vom Geld herrscht als in nördlicheren Breiten, braucht man ebenfalls nicht eigens darzutun. Wie soll jemand, der immer die Erfahrung gemacht hat, daß man auch mit ständiger Inflation ganz gut leben kann, plötzlich in der Geldwertstabilität das höchste aller Güter erblicken?

Beim Geld hört sich bekanntlich die Freundschaft auf - auch die politische.

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