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Kampf der Mafia

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Wie überall in den postkommunistischen Reformstaaten geht auch durch Rußland ein tiefer gesellschaftspolitischer Riß. Was Demokratie sein kann, läßt sich kaum erahnen, wird spürbar leider nur in Defiziten. Was Kommunismus war, ist leider noch allgegenwärtig, ist die Fortsetzung des Konnexes der alten Seilschaften mit der Wirtschaft unter mafios-kapitalistischen Bedingungen.

Daß westliche Wirtschaftsforscher erste Erfolge mit niedriger Inflation und stabilem Rubelkurs, geringerem Budgetdefizit und ausreichenden Devisenreserven zur Bedienung der Auslandsschulden für Rußland diagnostizieren, kratzt die Russen wenig. Sie bekommen die Auswirkungen der Halbierung der Produktion seit 1990 und die Rückgänge bei den Einkommen unmittelbar zu spüren. Das sind Fragen, die die Bevölkerung an ihren Präsidenten stellt, der am kommenden Sonntag wiedergewählt werden möchte. Diese Fragen kann der sich als Tausendsassa, ja geradezu als Polit-Messias darstellende Boris Jelzin nicht beantworten. Da nützen keine populistischen Gesten, da nützt wohl nicht, daß sich der mit Gesundheitsproblemen ringende „Retter der Demokratie” in Rußland momentan top-fit auf einer Schaukel präsentiert. Für Jelzin galt immer, daß er Durchhaltevermögen bewies, Krisen aussitzen konnte, daß er das in mehr als 70 kommunistischen Jahren gewachsene Polit-Intrigenspiel, das Spiel mit der und um die Macht wie kein zweiter beherrscht. Aber gerade diese Eigenschaften braucht Rußland jetzt - nicht um sofort auf ein anderes, meinetwegen westliches, Niveau zu hüpfen, sondern um jenen Kräf- 1 ten Paroli zu bieten, die sich via Wirtschaft des Uandes und der Köpfe bemächtigen: den mafiosen Nationalkommunisten, die eine Gefahr nicht nur für Rußland darstellen.

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