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Mortierkugeln

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Gerard Mortier - eine Primadonna ohne Gesang? Ein Pultstar ohne Taktstock? Ein empfindliches Kunstgenie als Manager? Ist er nicht eher eine bestaunenswerte Begabung der Selbstpropaganda? Mortiers Leistung als Leiter der Brüsseler Oper war eine gekonnte Leistung mit wenig Geld, mit Instinkt für Talente und einem durchaus vernünftigen Spielplan - dies alles in kleinem und sparsamem Rahmen. Derselbe Mann auf dem Riesenschauplatz der Salzburger Festspiel mit ihren gigantischen Möglichkeiten mußte natürlich ein anderer werden. Sein persönlicher Geldbedarf stieg radikal auf Starhöhe. Seine Dispositionen, die für mittlere Kräfte einer mittleren Bühne (einer einzigen) achtenswert waren, erstreckten sich notwendig in die internationale Weite. Sie verwickelten sich rasch in Streit mit manchen Weltstars, die einen Star als Manager absolut nicht vertrugen.

Mortiers Auftreten ist elegant in Grenzen. Er hat intellektuelles Niveau, besticht durch Kenntnisse und einen Charme, der leider rasch verschwinden kann. Er instrumentierte „seine Salzburger Festspiele” in modernistischer Dosierung mit in der Avantgarde klangvollen Namen, garniert mit traditionellen Werken in dekonstruktivistischen Inszenierungen, die in der pseudorevolutionären Schickeria auffallen sollen. Der Streit der Pressemeinungen konnte nicht gelegener kommen: „Die Geheimwaffe Mortiers ist es, einen Skandal vorzutäuschen, um sich dann als Flaggschiff zu gerieren, das unbeirrt vorausfährt, trotz der Schüsse aus dem Hinterhalt”, schreibt „Corriere della Sera”. Eine egomanische Figur wie Mortier wird stets mit bedeutenden Künstlern, die gewonnen werden müssen, Schwierigkeiten haben. Sie kommen entweder nicht oder verabschieden sich bald. Was bleibt, nähert sich dann dem Niveau der Brüsseler Oper.

Dem Egomanen Mortier fehlt vor allem die Sensibilität für den Platz Salzburg und Österreich. „Sein Festival” könnte in Kanada spielen. Und weder Freyer (Zauberflöte), Stein (Raimund, Grillparzer) noch diverse andere seiner Leute haben eine Ahnung von Österreich, außer daß sie Thomas Bernhard gelesen haben. Hans Landesinann rettet in den Konzerten, was er kann. Für den Egomanen Mortier möchte man den alten Byzantiner Kekaumenos zitieren: „Der Stolze hat Gott selbst zum Gegner”.

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