ORF und Ö1: Flottere Flotte

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Daniela Strigl über die freiwillige Selbstentmannung an der Spitze des ORF, die munter weitergeht: Denn die neue Radiochefin denkt laut da­rüber nach, dass bei Ö1 „vielleicht nicht mehr alles“ geht, „was bisher gegangen ist“.

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Daniela Strigl über die freiwillige Selbstentmannung an der Spitze des ORF, die munter weitergeht: Denn die neue Radiochefin denkt laut da­rüber nach, dass bei Ö1 „vielleicht nicht mehr alles“ geht, „was bisher gegangen ist“.

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Jetzt ist es so weit: Das Funkhaus in der Argentinierstraße, ein Radiomusterbau von Clemens Holzmeister und Co aus dem Jahre 1938, ist – bis auf Radio Wien – geräumt. Die Übersiedlung von Ö1 in die Großraumbüros auf dem Küniglberg sahen manche als ersten Schritt zur Demontage – Unkenrufe, hieß es. Der Verkauf des zentral gelegenen Hörfunkpalastes ist dem früheren ORF-General zu verdanken. Aber die freiwillige Selbstentmannung an der Spitze des Senders geht munter weiter: Zuerst verkündete der von Türkis-Grün installierte Nachfolger, die beliebten Seiten von news.orf.at, ein Aushängeschild öffentlich-rechtlicher Information, in ihrem Umfang zu beschneiden, und zwar gleich um die Hälfte. Dann dachte die neue Radiochefin gegenüber dem Standard laut da­rüber nach, dass bei Ö1 „vielleicht nicht mehr alles“ geht, „was bisher gegangen ist“. Ihre besondere Vorliebe gilt den Begriffen „Flottenstrategie“ und „Content“, und irgendwo zwischen dem Martialischen und dem Banalen scheint jede Vision eines Senders mit Kultur- und Bildungsauftrag verschüttgegangen zu sein. Aus einer Klausur war dann zu erfahren, dass Ö1 aktuell 900.000 Euro einsparen müsse – warum eigentlich immer beim Programm, nicht bei der Verwaltung, nicht beim Hoch- und Tiefbau? Konkret soll es genau jenen Sendungen an den Kragen gehen, die in keinem anderen Kanal eine Chance hätten: von den literarischen „Passagen“ über das „Kunstradio“ bis zur „Jazznacht“.

Auf den Aufschrei der Kulturmenschen antwortete der Generaldirektor mit Beschwichtigungen (auch er liebt das Flottenwesen). Von ihm enttäuscht zu sein, gelingt mir nicht. Aber dass die Radiodirektorin und „ZiB 2“-Legende, die einst Otto Waalkesʼ Interview-Farce mit heiterem Fatalismus aushielt, das Renommee ihres Kultursenders offenbar eher als Hypothek betrachtet denn als Auftrag, ist traurig.

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