Triggerwarnung

Wir befanden uns im Foyer zu den Sanitäranlagen des besten Kinos der Stadt, hatten „Das Gespenst“ von Herbert Achternbusch gesehen. Eine Satire. Jesus steigt darin vom Kreuz herab und wird der Ober einer Oberin. Am Ende verwandelt sich die Nonne in einen Greifvogel und pickt den zum Wurm mutierten Jesus mit dem spitzen Schnabel auf. Ein paar Flügelschläge genügen und sie entschwinden in den Himmel.

Nun also, vor der Toilette die kleine Szene: „Habt ihr gehört, dass der Dalai Lama den Dalai Lama abschaffen will?“ – „Eine ganze Tradition will seine Heiligkeit hinschmeißen?“ – „Als würde Gott sich selbst abschaffen und den Papst bewegen, den heiligen Stuhl zu eliminieren. Der Papst recycelt ihn und macht einen Klappstuhl draus.“ – „Der Dalai Lama meint, ein System solle enden, wenn es am schönsten ist.“ – „Meint ihr, ich darf dorthin austreten?“ – „Ins Exil?“

Der Stuck an den Wänden war gelb vom Rauch, den es nicht mehr gibt. Alte Männermasken blickten herab und ein paar hakennasige Frauen. Der Abort für das weibliche Geschlecht lag vor uns, die Schlange war lang. „Ab wann beginnt eine sexuelle Belästigung eigentlich?“ – „Du musst selbst damit klarkommen, zieh deine Grenze.“ – „Geht man noch auf die Männertoilette?“ – „Ich bin eine Wunde, von der die Infektion ferngehalten werden muss, bitte pass auf, was du sagst.“ – „Ich spüre schon was. Etwas bröselt hier.“ – „Der Dreck von der Decke?“ – „Wieso triggert mich das?“ – „Je komplexer die Gesellschaft, desto höher ist der Grad der Sensibilität.“

Da schrillte die Glocke, noch immer standen wir in der Schlange. „Hör her! Das ist doch die Superarroganz des Dalai Lamas schlechthin.“ – „Was erwartest du dir von einer Heiligkeit. Dass sie sich ersetzen lässt?“ Da senkt sich die Klinke des Männerklos. Die Tür geht auf. Der Thron ist leer. Nichts wie hin? Eher gehört der Thron signiert und neben Duchamps Urinal als Readymade musealisiert.

Die Autorin ist Schriftstellerin.