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Ungesunde Geschäfte

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In den USA hat ein seltsames Geschäft stattgefunden. Die amerikanische Tabakindustrie und organisierte Gegner des Rauchens haben einen Deal geschlossen. Der Umfang des Handels sprengt jede Vorstellung und erst recht alle europäischen Größenordnungen. Er beträgt umgerechnet zweieinhalb Billionen Schilling.

Die Zigarettenhersteller erklären sich bereit, in einen auf 25 Jahre angelegten Fonds einzuzahlen, aus dem durch das Bauchen verursachte Schäden abgegolten werden sollen. Zugleich versprechen sie, ihre Werbung einzuschränken und den Zigarettenverkauf zu reglementieren. Wenn die Zahl jugendlicher Baucher in den nächsten sieben Jahren nicht um die Hälfte zurückgegangen ist, müssen die Zigarettenhersteller Strafen bezahlen.

Als Gegenleistung verpflichten sich die Anti-Baucher-Organisationen, auf Schadenersatzprozesse gegen die Zigarettenhersteller zu verzichten.

Der Handel ist typisch für Denkweisen und Bechtsverhältnisse in den USA und so auch nur in Amerika möglich. In den USA mit ihrem latenten Hang zu moralischen Feldzügen findet seit Jahren eine alle gesellschaftlichen Bereiche erfassende Kampagne gegen das Bauchen und die Raucher statt.

Rauchen in öffentlichen Räumen, in Restaurants oder sogar im Freien ist vielerorts strikt verboten. Verrauchte Gasthäuser und Bahn-hofshallen, nach Zigarettenmief stinkende Zugabteile, eingenebelte Konferenzzimmer - das alles erscheint Amerikanern mittlerweile als häßliche europäische, ja balkanische Rückständigkeit.

Einiges an dem seltsamen Vertrag scheint aber durchaus vernünftig. Wenn man weiß, daß fast niemand als Erwachsener zu rauchen anfängt, sondern es in der Jugend einmal „probiert” hat und dann der Gewohnheit verfallen ist, dann wird die drastische Einschränkung von Werbung, die sich an Jugendliche richtet, durchaus verständlich. Dennoch hat die Vereinbarung widersinnige Züge. In einem Land, in dem man überall Waffen fast ungehindert kaufen kann, um damit andere Leute umzubringen, wird der Verkauf von Zigaretten als Untat verfolgt, mit denen man sich selbst schädigt.

Ebenso widersinnig ist es auch, die Zigarettenhersteller dafür verantwortlich zu machen, wenn jemand wegen lebenslangen Rauchens an Krebs stirbt. Die Erfahrung, daß Rauchen gesundheitsschädlich ist, erfährt jeder Vierzehnjährige, wenn er den ersten Zug macht und er dabei husten muß und ihm nachher schlecht wird.

Das ist das Problem an dem un-heiligen Pakt: Er macht den Menschen die Illusion, eigentlich sei jemand anderer schuld an seiner Schwäche und er selbst brauche deshalb auch keine Verantwortung zu tragen. Das ist auch das „Moderne” an der Sache und deshalb braucht man kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, daß das Beispiel auch bald in Europa Schule machen wird.

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