Wandelnde Profil-Neurose

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Bei der vorletzten Wahl zum Generaldirektor des ORF ist Richard Grasl (49) Alexander Wrabetz (62) nur knapp unterlegen. 2016 erhielt der von ÖVP, FPÖ und Team Stronach unterstützte Herausforderer 15, der von SPÖ, Grünen und Neos bevorzugte Titelverteidiger 18 Stimmen im 35-köpfigen Stiftungsrat. Heute ist der Sieger von einst Rapid-Präsident – und ein Schützling des damaligen Verlierers, sein früherer Büroleiter Roland Weißmann (54), ORF-Chef. Grasl selbst ist seit 2018 beim Kurier und wurde dort vor einem Jahr stellvertretender Chefredakteur. Das bleibt er trotz seines jüngsten Avancements zum Geschäftsführer des Profil. Das Nachrichtenmagazin gehört der Tageszeitung. Eine solche Doppelfunktion – redaktionell und kaufmännisch – gilt bei Journalisten mehrheitlich als unvereinbar. Dass sie überdies für zwei verschiedene, auch wirtschaftlich durch eigene Gesellschaften getrennte Medien gelten soll, verschärft den Vorwurf eines unauflöslichen Interessenkonflikts. Der auch als Person umstrittene Grasl hat die Stichhaltigkeit dieser Kritik bereits untermauert. Obwohl erst ab 2023 in Funktion, trat er schon vor Wochen als Geschäftsführer auf – ausgerechnet bei der Verkündigung von Anna Thalhammer (37) als künftiger Profil-Chefredakteurin. Das war nicht nur schlechter Stil, sondern eine plumpe Machtdemonstration, die der renommierten Investigativ-Journalistin der Presse den Job-Antritt am 1. März unnötig erschwert. Bis dorthin bleibt Christian Rainer (61) noch im Amt. Auch als Herausgeber. Letztere Schlüsselfunktion zwischen Verlag und Redaktion übernimmt nach ihm keine Person, sondern die Profil-Redaktion GmbH, in der Grasl Geschäftsführer ist. Die Skepsis zur Zukunft des Magazins hat also handfeste Grundlagen. Nur Journalismus vermag dieses Vorurteil abzubauen. Management kann dabei bloß Helfer sein.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.

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