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Was zählt Ihr Kandidat?

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Zu kompliziert, verwirrend: die Kritik am neuen Wahlrecht und den riesigen Stimmzetteln samt Aushängen in den Wahlzellen wird nicht lange auf sich warten lassen. Mündigen Bürgern ist das aber durchaus zuzumuten.

Das neue Wahlrecht ist besser als das alte, aber weit von dem entfernt, was Ausgangspunkt der Reform war: die Personalisierung, ein Persönlichkeitswahlrecht. Dieses System mit Vorzugsstimmen verdient diesen Namen nicht. Vor der Entscheidung für eine Kandidatin oder einen Kandidaten kommt noch immer die für eine Partei.

Aus der Hundertschaft der Listenstatisten ragen nur vereinzelte Köpfe hervor: „Exoten“, die in ihrem Regionalwahlkreis tatsächlich um ihre Wähler werben. Die Mehrzahl lernt der Bürger am Wahltag nur als unbekannte Wesen auf dem Wahlschein kennen. Keine Rede vom direkteren Kontakt zwischen Wählern und Gewählten, vom eigentlichen Volksvertreter, den man ins Parlament delegiert.

Tf Ä Teiche Rolle spielt denn die 1) 1/ Persönlichkeit eines V V Wahlkreiskandidaten wirklich? Im Auf- und Abrechnen mit Kanzler-Bonus und AK-Malus, mit Stabilitätsplus und Juniorpartner-Minus, mit Wahltraditionen und Denkzetteln offenbar eine derart unbedeutende, daß sie von Demoskopen erst überhaupt gar nicht in Rechnung gestellt wird. Eben deshalb, weil zuerst die Partei kommt - und dann lange nichts. Ja selbst dem modischen Geschmack der Spitzenkandidaten bei Fernsehauftritten scheint da mehr Bedeutung beigemessen zu werden.

Was da heute unter Persönlichkeitswahl läuft, folgt dem von Bruno Kreisky längst angelegten Trampelpfad: Spitzenkandidaten und ein Dutzend handverlesener Aushängeschilder. Nur zwischen ihren Listen läßt man dem Wähler eine Wahl.

Der bescheidene Einfluß, den der Wähler tatsächlich auf regionaler und Landesebene durch eine sogenannte Vorzugsstimme im Kandidatenspektrum „seiner“ Partei nehmen kann, ist mit Lese- und Schreibmühen verbunden. Den Versuch ist es trotzdem wert, auch wenn mit großen Umwälzungen nicht zu rechnen ist.

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