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Wenn Religionsführer mit Friedensßoskeln herumwerfen

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Sie sind abgereist: die Religionsführer katholischer, orthodoxer, moslemischer und jüdischer Provenienz. Hinterlassen haben sie ein Papier, „Wiener Deklaration” genannt, in dem sie wortreich den Frieden auf dem Ralkan beschwören.

Daß es klar ist: Vergangene Woche fand in der Wiener I Iofburg die vom Präsidenten der New Yorker „Appeal of Conscience Foundation”, Rabbi Arthur Schneier, initiierte internationale Religionskonferenz statt, bei der auch Kardinal König und Bundespräsident Klestil zeitweise zugegen waren, die sich das hohe Ziel gesetzt hatte, dem Frieden auf dem Balkan zum Durchbruch zu verhelfen. Das Unterfangen war lobenswert - herausgekommen sind allerdings nur Floskeln des Friedens. Die Schlußdeklaration faselt von „blutigen Kämpfen”, der Krieg wird nicht beim Namen genannt, worum es sich in Bosnien handelt, wird nicht herausgearbeitet. Das heißt also, wir haben hier den Versuch vor uns, eine Therapie für etwas anzubieten, wofür es keine richtige Diagnose gibt. Aber Konferenzen dieser Art hatten es schon immer an sich, im Nebulosen zu bleiben, kein Teilnehmer soll durch irgendeine Formulierung vor den Kopf gestoßen werden. Die serbi-

sche Seite konnte einmal mehr einen Konferenzort mit der Genugtuung verlassen, daß jede Seite gleichermaßen pauschal als Friedensbrecher dargestellt wurde. Täter und Opfer wurden in einen Topf geworfen, zur Verurteilung der Aggression konnten sich die Religionsführer nicht durchringen.

Ein weiterer Aspekt, der sich auf serbischer Seite immer deutlicher zeigt, wurde geflissentlich übergangen: Während von politischer Seite, beispielsweise von Slobodan Milosevic, nach Erreichung vieler Ziele mit kriegerischen Mitteln eine Art Friede angestrebt wird, kommt jetzt von serbisch-orthodoxer Seite ein ethnisch-religiöser Zug hinzu, der den Krieg noch verlängern wird. Es ist Kriegshetze, wenn ein serbischer Bischof meint, in Bosnien werde die teuflische Sache Mohammeds betrieben. Serbisch-orthodoxe Kirchenführer führen auf solchen Konferenzen zwar immer den Frieden auf der Zunge, auf ihrer Seite sind sie jedoch nicht bereit, friedenschaffend zu intervenieren.

So ist eine derartige Resolution, wie die vergangene Woche in Wien verabschiedete, das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Den Friedensbeteuerungen entspricht kein Eintreten für den Frieden.

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