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Feichtlbauer:

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Kann Österreich in seinem Streben nach Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften mit Unterstützung durch die nordischen Länder rechnen? Die Antworten, die österreichische Journalisten bei einer Skandinavienreise sammelten, lassen sich in einem kurzen, aber nicht einfachen Nenner zusammenfassen: nein und ja.

Besucht wurden zwei neutrale EFTA-Länder (Finnland und Schweden), zwei EFTA-Länder, die gleichzeitig NATO-Mitglieder sind (Norwegen und Island), sowie der EG- und NATO-Staat Dänemark.

Die zwei Neutralen halten derzeit ihre Neutralität für nicht mit den EG-Verpflichtungen vereinbar. Aber man darf nicht vergessen, daß weder die Neutralität Schwedens noch jene Finnlands mit der österreichischen voll vergleichbar ist. (Die Irlands übrigens noch weniger.) Ein zwangsläufiger Schluß für Österreich ergibt sich daraus nicht.

Außerdem wird in beiden skandinavischen Staaten ohne Zögern zugegeben, daß man oft Neutralität sagt und etwas anderes meint: freien Kapital- und Dienstleistungsverkehr, freien Arbeitsmarkt, Unterordnung unter den Europäischen Gerichtshof: Das alles sagt den Nordländern viel weniger als den Österreichern zu.

Warum aber treten nicht die beiden NATO-Länder ohne Umschweife den EG bei? Bei Island ist die Antwort leicht: Weil dann auch die zwölf übrigen EG-Mitglieder in den Küstengewässern fischen dürften, was vier Fünftel der Wirtschaft berühren würde.

In Norwegen aber wirkt das Trauma der Volksabstimmung von 1972 weiter, die zu irrationalen Gefühlsauf peitschungen (und einem knappen Nein) führte und die niemand wiederholen möchte, ehe ihr Ausgang nicht sicher ist: daher keine Thematisierung in nächster Zeit.

Bleibt Dänemark: Hier wird Österreich dringend ein möglichst baldiges Ansuchen um Vollmitgliedschaft empfohlen. Warum? Weil man den Einfluß der Kleinen in den EG stärken und die Fortentwicklung auf eine politische Europa-Union möglichst bremsen möchte.

Man sieht: Jeder denkt zunächst einmal an sich. Das aber ist wohl eine Ermunterung für Österreich, gleichfalls den eigenen Interessen zu folgen. In der Politik, sagen die Praktiker schon immer, zählen Interessen mehr als Freunde.

Niemand ist uns emstlich böse, wenn wir es auch so halten. Das ist die positive Bilanz dieser Informationsreise. Um so notwendiger ist es, daß die Bundesregierung diese Interessen und die Konsequenz daraus bald klar definiert.

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