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Feldzug mit fatalen Folgen

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Zwei Wochen lang führte Israel ei­nen regelrechten Krieg gegen die palä­stinensischen Freischärler im Libanon, insbesondere im Südlibanon. „Sie sol­len sich nirgends mehr sicher fühlen“, rechtfertigte Generalstabschef Rafael Eitan die Attacken seiner Kommandos, die sogar nördlich von Beirut im Ein­satz gegen PLO-Stellungen standen.

„Keine Katyuscharaketen sollen hier je mehr einschlagen“, hatte Israels Mi­nisterpräsident Menachem Begin noch kurz vor den Parlamentswahlen am 30. Juni auf einer riesigen Wahlversamm­lung im nordisraelischen Städtchen Ki­ryat Schmoneh lauthals verkündet. Nur wenig später aber explodierten tat­sächlich wieder solche Raketen in Ki­ryat Schmoneh, es gab etliche Tote und zahlreiche Verwundete.

Begin schlug zurück: Nach den Wah­len hielt er sich offensichtlich für stark genug, um zu versuchen, was seinen Vorgängern nie gelungen war: nämlich die im Libanon konzentrierten palästi­

nensischen Freischärlerbasen zu ver­nichten - so, als ob man politische Pro­bleme allein mit dem Gewehr aus der Welt schaffen kann.

Mit der Bombardierung von zwei PLO-Kommandaturen, die in Hoch­häusern in Beiruter Wohnvierteln un­tergebracht waren, ging Begin bei sei­nem Feldzug gegen die Freischärler aber doch zu weit. Denn diese Luftan­griffe trafen vor allem Zivilisten. Und damit brachte Begin wieder einmal mehr oder weniger die öffentliche Mei­nung in der ganzen Welt gegen Israel auf.

Nicht nur der amerikanische Kon­greß, auch der Senat nahmen gegen Is­rael Stellung. Das Bombardement er­folgte zudem noch am Eröffnungstag der Gipfelkonferenz der Führer der sie­ben führenden westlichen Industrielän­der in Ottawa. Und nun beschloß US- Präsident Ronald Reagan etwas zu un­ternehmen, denn: „This guy Begin ma­kes it really difficult to help him“ („die­

ser Kerl Begin macht es einem wirklich schwer, ihm zu helfen").

Außer den vier F-16-Kampfflugzeu- gen, die schon nach dem israelischen Luftangriff auf das irakische Atom­kraftwerk Tammuz in Bagdad von den USA zurückgehalten worden waren, stoppte Reagan nun auch die Ausliefe­rung von weiteren sechs F-16-Maschi- nen.

Ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahi aus Washington nach dem israelischen Angriff auf Beirut: Wenn die Israelis keine Ruhe geben, wollen die USA auch die Waffenhilfe in Höhe von 2,2

Milliarden Dollar erheblich, eventuell sogar ganz, zusammenstreichen.

Aber auch in Israel selber wurden immer mehr Stimmen gegen Begins mi­litärische Schritte laut. Der ehemalige Generalstabchef und Ministerpräsident Jizchak Rabin fand Begins Weg schlicht unhaltbar. Und fast die gesam­te israelische Presse nahm gegen seine Politik Stellung.

So kam denn schließlich unter dem Druck auf die israelische Führung von außen und innen der jüngste Waffen-, Stillstand zustande, dem indes niemand so recht trauen will.

Für Begin bedeutet dieser Waffen­stillstand zweifelsohne eine Blamage, zumal er bedingungslos dem amerika­nischen Druck nachgeben und - zumin­dest indirekt - die PLO als Verhand­lungspartner akzeptieren mußte.

Es hat sich bei diesen jüngsten dra­matischen Ereignissen in Nahost erwie­sen, daß israelische Kommandoaktio­nen und Luftangriffe nicht ausreichen, um die Freischärlerverbände in die Knie zu zwingen. Wenn es wieder zu ei­ner ernsten Konfrontation mit den PLO-Verbänden kommen sollte, wird Israel wohl in einer umfangreichen Operation den ganzen Südlibanon be­setzen müssen, um mit den Palästinen­sern fertigzuwerden. Und dabei wird Begin wohl nicht umhin können, sich abermals über die Widerstände von Is­raels Freunden in der ganzen Wejt hin­wegsetzen zu müssen.

Was Für Folgen eine solche Opera­tion haben könnte, hat die Begin-Re­gierung bereits bei der Bombardierung von Beirut zu spüren bekommen: Nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern fa„t die gesamte Judenheit der freien Welt distanzierten sich von der derzeiti­gen israelischen Führung und ihrer Po­litik.

Eine Tatsache, die bisher keine israe­lische Regierung - außer der heutigen - bereit war, bei ihren Aktionen mit in Kauf zu nehmen.

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