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FELIX GAMILLSCHEG berichtet aus ParisSparziel: 20 Prozent

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Bis zum ölschock sahen es die Wirtschaftsforscher als gegeben an, daß der Energieverbrauch entsprechend dem Wachstum der Wirtschaft anstieg — das hat sich europaweit längst geändert. In Frankreich etwa stieg das Bruttoinlandsprodukt von 1986 auf 1987 um 2,2 Prozent, während der Energieverbrauch um 0,2 bis 0,5 Prozent sank.

Frankreich läßt es sich etliches kosten, um forschen zu lassen, wo und wie man noch besser Energie sparen kann. Seit 1982 arbeitet die Agence Francaise pour la Maitri-se de 1* Energie (AFME) an der Entwicklung von Methoden rationeller Energienutzung — zur Zeit in einem Sechsjahresplan bis 1992 mit einem Jahreseinsatz von 25 Milliarden Franc (mehr als 50 Milliarden Schilling) und rund 400 Beschäftigten.

Man arbeitet mit den Universitäten, mit Forschungsinstitutionen zusammen. 300 Experten aus Industrie und Forschung lassen sich etwas einfallen. Die AFME sorgt dann dafür, daß mit Industriebetrieben, technischen Zentren oder öffentlichen Stellen Rahmenverträge abgeschlossen werden, um die Ideen bis zur Marktreife zu entwickeln.

Einer der größten Energieverbraucher - und einer, der nicht auf Elektrizität umgestellt werden kann — ist der Auto- und LKW-Verkehr. Also lautet die Zielvorgabe: Entwicklung eines

PKW, der nicht mehr als drei, Liter pro hundert Kilometer braucht. Er soll in den frühen neunziger Jahren auf den Markt kommen.

Weiter ist man bereits mit Entwicklungen für den Wohnungsbau: Wärmeaustauscher, Wärmepumpen, Solarheizung.

Im Marnetal, ostwärts von Paris, ist in den letzten 15 Jahren eine Satellitenstadt entstanden, in der die SARI, die Societe d'Administration et de Realisation d'Inve-

stissement, in einem eigenen Musterbau präsentiert, was da heute alles möglich ist:

Nach außen Glasfassaden, in denen sich die Umgebung spiegelt und die die Sonnenenergie einfangen. So lange es draußen noch Plus-Temperaturen hat, sorgen Plattenaustauscher für die Rückgewinnung der im Innern entstehenden Eigenwärme wie der Außenwärme. Solarzellen auf dem Dach decken den Warmwasserbedarf und heizen den Innenhof mit seinem Palmenbestand.

Mit verschiebbarem Glasdach sorgt er im Winter für einen Treibhauseffekt, im Sommer für Verbesserung der Luft. Daß natürlich alle Fenster und Türen be-

sonders isoliert sind, daß Installationen und Beleuchtung — übrigens mit Zumtobel-Leuchten aus Bregenz — letzte Standards darstellen, ist selbstverständlich.

Bei einer Gesamtbausumme von 40 Millionen Franc, gut 80 Millionen Schilling, waren für die energiesparenden Investitionen gegenüber Normalbauten 2,7 Millionen Franc oder acht Prozent der Bausumme nötig. (Die Hälfte schoß die AFME zu.) Damit aber wird der Energieverbrauch um 68 Prozent vermindert, was Einsparungen von 260.000 Franc — mehr als eine halbe Million Schilling — bringt.

In zehn Jahren sollen die Investitionen durch die Einsparungen amortisiert sein.

Auch in Frankreich bedarf es so mancher Uberzeugungsarbeit, um den Endverbraucher zur Übernahme neuer Erkenntnisse zu bewegen. 50 Millionen Franc, mehr als 100 Millionen Schilling, gehen daher bei der AFME pro Jahr in die Öffentlichkeitsarbeit, vor allem für Informationsbroschüren, Plakate, Ausstellungen.

Die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch allein genügt noch nicht. Die Europäische Gemeinschaft hat die Parole ausgegeben, bis 1995 den Energieverbrauch um 20 Prozent zu senken. AFME-Generaldirektor Jacques Bouvet meint, daß es in Frankreich noch mehr sein wird.

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