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Fest der Kultur: Kunst als Mittel der Innovation

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Das Donaufestival Niederösterreich, zum ersten Mal veranstaltet, will in der Zeit vom 17. Juni bis zum 24. Juli vor allem neue Kunst präsentieren. Im Zeichen der Erneuerung wird zugleich auch die Gründung einer neuen Universität vorangetrieben. Gastspiele und das Symposion „Modell Donauregion“ zeigen die mitteleuropäische Dimension des Festes.

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Das Donaufestival Niederösterreich, zum ersten Mal veranstaltet, will in der Zeit vom 17. Juni bis zum 24. Juli vor allem neue Kunst präsentieren. Im Zeichen der Erneuerung wird zugleich auch die Gründung einer neuen Universität vorangetrieben. Gastspiele und das Symposion „Modell Donauregion“ zeigen die mitteleuropäische Dimension des Festes.

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Seit mehreren Jahren findet in Niederösterreich eine Entwicklung statt, die in ihrer Tragweite von der Öffentlichkeit noch nicht erkannt worden ist. Seriöse Planung ist eben unspektakulär und vollzieht sich abseits der Scheinwerfer einer Medienwelt, für die das Tagesereignis im Vordergrund stehen muß. Dazu kommt, daß Niederösterreich das Image eines konservativen, vergangen-heitsorientierten Landes hat, dem man nicht zutraut, über den eigenen Schatten zu springen und zukunftsorientierte Strukturveränderungen zu vollziehen.

Nun mehren sich allerdings immer unübersehbarer die Zeichen für einen wahrhaft historischen Schritt in diesem größten österreichischen Bundesland. Niederösterreich entdeckt seine ökonomischen, intellektuellen und künstlerischen Ressourcen. Das hat selbstverständlich sehr viel mit einem eingetretenen Generationswechsel, der allgemeinen Neuordnung der Wertpyramide und tiefgreifenden sozialen Veränderungen in der Gesellschaft zu tun.

Von den zuständigen Politikern ist diese Entwicklung erkannt worden. Das läßt sich etwa an der öffentlichen Präsentation des Landes ablesen: Die Rolle Niederösterreichs als historisches Kernland Österreichs wird nicht mehr so stark betont, anstatt dessen wird auf die Notwendigkeit von Visionen und eine zukunftsorientierte Politik hingewiesen. Diese Aussagen haben als Hintergrund tatsächlich die Bildung einer neuen Atmosphäre in ganz Niederösterreich. Die vielzitierte Aufbruchstimmung ist kein Schlagwort, sondern Wirklichkeit.

Das Niederösterreichische Donaufestival ist ein manifestes Ergebnis dieser historischen Situation auf kulturellem Gebiet. Ich wage sogar die Behauptung, daß eine innovative Kulturpolitik der entscheidende Antrieb für das neue Werden eines Landes ist. Niederösterreich hat sich oft und sehr erfolgreich aus der Vergangenheit legitimiert. Das ist etwa durch zahlreiche historische Landesausstellungen geschehen. Nun geht es darum, ein zeitgenössisches, modernes Bild dieses Landes zu vermitteln. So gesehen ist das Donaufestival ein Zeichen der Innovation, das exemplarische Verhaltensmuster für alle Lebensbereiche zeigt.

Das Festival findet daher im ganzen Land statt. Es will viele Menschen bewegen und den allgemeinen Bewußtseinsstand verändern. Es ist ein europäisches Festival, das sich als Treffpunkt für Ost und West anbietet. Die Sprache der Kunst wird überall verstanden. Angesprochen werden nicht die rational, sondern die emotional orientierten Bewußtseinsschichten der Menschen. Das umfangreiche Programm des Donaufestivals enthält alle Sparten der Kunst: Theater, Musik, Bildende Kunst, Tanz, Film und Video seien nur als Beispiele genannt.

Selbstverständlich ist das Donaufestival nicht abgehoben von einer zukunftsorientierten Gesamtkonzeption zu sehen, die von allen Verantwortlichen in diesem Land gemeinsam getragen wird. Die klar definierten Aktionsschwerpunkte sind: Die Umsetzung des Landeshauptstadtbeschlusses vom 10. Juli 1986, die Neugestaltung der Regionen und eine innovative Kulturpolitik. Von vielen noch in die ferne Zukunft verwiesen, wird die bauliche Einrichtung der Landeshauptstadttatsächlich mit großer Vehemenz betrieben. So ist mit der Realisierung der Landessportschule bereits begonnen worden, der städtebauliche Wettbewerb für die Regierungsgebäude, Verwaltungseinrichtungen und den Kulturbereich wird in einem Monat ausgeschrieben.

Im Rahmen des Donaufestivals finden drei große Ausstellungen statt, die dem Thema Raum gewidmet sind. Es ist damit eine Entsprechung zu den zentralen Themen Landeshauptstadt, innovative Kulturpolitik und Regionalförderung gegeben.

In St. Pölten geht es unter dem Titel „Geburt einer Hauptstadt“ um den öffentlichen Raum. Aus diesem Anlaß wurde ein vom Architekten Adolf Krischanitz entworfener Ausstellungspavillon verwirklicht, der das erste neue öffentliche Bauwerk in der Landeshauptstadt ist. Auf einer Wiese am Ufer der Traisen lagert ein neues Objekt und zeigt: eine Ausstellung über die Zukunft der Stadt, eine Suche nach dem öffentlichen Raum, eine Präsentation der Chancen einer Landeshauptstadt am Beispiel St. Pölten. An der von Dietmar Steiner betreuten Exposition arbeiten Fachleute aus der ganzen Welt mit: Aus Mailand und Wien, aus Klosterneuburg und Harvard in Amerika, aus Brüssel und Delmenhorst, aus Bonn und Chicago.

Thema der „Transart 1: Das gläserne U-Boot** in Krems-Stein ist der von Künstlern gestaltete Raum. Achtundzwanzig Künstler aus elf europäischen Ländern nehmen an dieser erstmals veranstalteten Biennale teil. Der Veranstaltung kommt innerhalb des Gesamtkonzeptes eine zentrale Stellung zu. Sie dokumentiert eine neue, offene Kulturpolitik, die für ganz Österreich neue Wege weist. Parallel dazu werden in Baden, Amstetten und Weistrach die „Balanceakte '88“ gezeigt: ein umfassender Uberblick über das Kunstschaffen der niederösterreichischen Avantgarde.

Während bei den „Balanceakten '88“ der Malerei ein gewisser Vorrang zukommt, sind in Krems-Stein von der Video-Installation bis zur Wandmalerei, von der inszenierten Fotografie über Performances bis zur klassischen Installation alle künstlerischen Medien vertreten.

Die Schau „Hinter den Wänden“ in Langentals ist dem privaten Raum gewidmet. Es geht um Auto-Bilder, Kunst-Stücke, Zeit-Reisen, Fest-Reste, Werbe-Bot-schaften, Haus-Träume und den Maschinen-Park, der uns täglich umgibt. Die vielschichtige Präsentation dieser exemplarischen Themenkreise soll dem Besucher die Möglichkeit geben, manches Uberraschende und Paradoxe im scheinbar Selbstverständlichen und Vertrauten zu entdecken.

Die Neugestaltung der Regionen verlangt vor allem eine geistige Erneuerung. Sie ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz der hohen finanziellen Mittel im Bereich der Regionalförderung. Um eine entsprechende Breitenwirkung zu erreichen, haben wir uns entschlossen, anläßlich der Langenloiser Ausstellung die erste Nummer der neuen Zeitschrift der Blau-Gelben Galerie herauszugeben. Sie wird auch in der Folge nicht nur Informationen aus dem Bereich der zeitgenössischen Kunst enthalten, sondern immer versuchen, die andere Seite von uns vertrauten Szenarien zu vermitteln. Diese Zeitschrift versteht sich als Medium für ein anderes allgemeines geistiges Klima und eine notwendige persönliche Hygiene der Seele.

Ich meine damit an einigen signifikanten Beispielen gezeigt zu haben, welchen Beitrag das Donaufestival zur Innovation in Niederösterreich leistet. Dieses kulturelle Ereignis ist Zeichen einer allgemeinen Entwicklung. Entscheidend scheint es mir, festzuhalten, daß nur eine ganzheitliche Sicht unseres Lebens die Schaffung tragfähiger neuer Strukturen erlaubt. Die längst eingetretene weltweite mediale Vernetzung der Systeme verlangt eine Umsetzung in unseren individuellen Lebensbereichen.

Die Autorin ist Landesrätin der NO Landesregierung.

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