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Fest des Lichtes

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Am 25. Dezember ist Weihnachten, das weiß jedes Kind. Und so richtig Weihnachten ist erst dann, wenn der Schnee in leisen Flocken vom Himmel fällt, wenn man durch knirschenden Schnee zur Weihnachtsmette gehen kann. Kluge Leute wissen natürlich, daß die Hirten auf den Wiesen um Bethlehem wohl kaum im Schnee ihre Schafe gehütet haben, aber das kommt eben von der anderen geographischen Lage.

Ein anderer Termin für Weihnachten als der 25. Dezember? Undenkbar!

Wo aber ist das Datum der Geburt Jesu überliefert?

Lukas berichtet von der Eintragung in Steuerlisten auf Befehl des Kaisers Augustus unter dem Statthalter Quirinius; Matthäus nennt die Zeit des Königs Herodes. Um welche Steuereintragung es sich damals gehandelt hat, ist nicht festzustellen. Herodes aber starb vier vor Christus. Der Mönch Dionysius Exiguus, auf den unsere Zeitrechnung zurückgeht, hat zu Beginn des sechsten Jahrhunderts einen Rechenfehler begangen: Jesus muß vor dem Tod des Herodes geboren sein. Die Geburt Christi geschah also etwa fünf Jahre „vor Christi Geburt“.

Kann das Jahr ungefähr errechnet werden, so ist der Tag der Geburt unbekannt. Trotzdem wurde seit dem vierten Jahrhundert der 25. Dezember in der römischen Kirche als Tag der Geburt des Herrn gefeiert.

Im römischen Imperium hatte sich in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung der Kult des Gottes Mithras immer mehr ausgebreitet. Sein Fest war der 25. Dezember, der als Reichsfeiertag festlich begangen wurde. Das vordringende Christentum übernahm diesen Feiertag, das Hauptfest des Mith-ras-Kultes, „Nativitas Solis Invicti“, die Geburt des unbesiegbaren Sonnengottes, um eben an diesem Tag die Geburt Christi zu begehen, der „wahren Sonne der Gerechtigkeit“.

Der Gott Mithras entstammt dem indo-iranischen Kulturkreis, die Anfänge seines Kultes reichen sehr weit zurück und liegen letztlich im Dunkeln. Römische Soldaten und Kaufleute lernten den Mithraismus in Persien kennen, er fand schnell Anklang, vor allem in den römischen Oberschichten.

Der griechisch-römische Olymp mit seinen Göttern hatte seine Anziehungskraft verloren, Zeus-Jupiter und Hera-Juno mit all den anderen Göttern waren allmählich aus der lebendigen Glaubenswelt verschwunden - Mithras war etwas Neues, sein Mysterienkult versprach Erlösung und wurde deshalb begierig aufgenommen - hatten sich doch die alten Götter wenig um das Heil der Menschen und um ihre Erlösung gekümmert.

So war der Mithras-Kult im ganzen Imperium verbreitet, Mithras-Heiligtümer, Mythräen, finden sich in England wie in Ungarn, in Car-nuntum wie in Sterzing.

Die Darstellung des Gottes ist immer gleich: in derselben Pose tötet Mithras den Stier; Hund, Schlange und Skorpion bedrängen das sterbende Tier. Es gibt keine Schriften über den Mithras-Kult und so bleibt dieser Mysterienkult letztlich auch für die Forschung ein Mysterium. Aus einer Inschrift geht allerdings hervor, daß Mithras seine Nachfolger durch Vergießen des ewigen

Blutes erlöst hat. An dieses Blutvergießen erinnerte das Opfermahl der Eingeweihten: Brot und Wein.

Brot und Wein, das eucharisti -sehe Mahl der Christen: die Berührungspunkte sind deutlich. In den ersten Jahrhunderten war zweifellos der Mithras-Kult der eigentliche Konkurrent und Kontrahent des Christentums, ein ethisch hochstehender Monotheismus. Missionierung der Mithras-Anhänger war ohne Inkulturation nicht möglich. Unter dieser Voraussetzung aber wurde die geistige Überlegenheit des Christentums bald deutlich: dort der strahlende Gott des Lichtes, der das Blut des Stieres vergießt, um die Eingeweihten zu erlösen - hier der Mensch gewordene Gott, der sein eigenes Blut vergießt, um alle zu erlösen, auch die Frauen, die nicht zu den Eingeweihten des Mithras-Kultes gehören konnten.

Auch im Norden Europas war mit dem 25. Dezember ein Datum gewählt, das Symbolcharakter hatte: Das Fest der Wintersonnenwende, das Julfest, wurde etwa zwei Wochen hindurch gefeiert. Die langen, kalten Nächte des Nordens brachten die Sehnsucht nach dem Licht mit sich, und die Worte aus dem Johannes-Prolog - „Das Licht leuchtet in der Finsternis“ - waren ein sehr reales Wunschdenken in den Wintermonaten. Wenn es dann weiter heißt: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“, so war die Brücke zum Geheimnis der Menschwerdung geschlagen: Inkulturation auch hier.

In den Gegenden, die sehnlich die Wiederkehr der Sonne erwarten, drängt sich der Vergleich des Lichtes, der Sonne, mit der Gottheit fast auf. Wie aber ist es in tropischen Ländern, in denen die sengende Sonne zur Qual wird? Die Sonnenwende bringt auch hier Erlösung, an vielen Orten beginnt zu diesem Termin die Regenzeit. Auch das lebenspendende Wasser ist Symbol des Heils, Hinweis auf die Taufe.

A ls das Fest der Geburt Christi ~M. im westlichen Teil des römischen Reiches auf den 25. Dezember gelegt wurde, begann sich im östlichen Teil der 6. Jänner als Fest der Menschwerdung durchzusetzen - der 6. Jänner, bis dahin dem Gott der Zeit geweiht. Auch hier konnten die christlichen Glaubensboten das überlieferte Gedankengut mit christlichen Gehalten erfüllen und überhöhen. Das Fest Epiphanie am 6. Jänner ist heute noch in den Ostkirchen das Hauptfest des Weihnachtsfestkreises.

Der Sohn Gottes kam in diese konkrete Welt mit ihren zeitgeschichtlichen Gegebenheiten. Er kam, „als die Zeit erfüllt war“ -und er erfüllt jede Zeit mit seiner Gegenwart, auch wenn sie andere Götter verehrt.

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