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Fest für rote Zahlen

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Wir alle kennen unseren Finanzminister nunmehr gut genug, um auch ohne Prophetengabe voraussagen zu können, daß seine neue Budgetrede wieder eine massive Portion Eigenlob enthalten wird. Von Sanierungserfolgen wird zwar sehr viel die Rede, aber sehr wenig zu merken sein.

Wie diese Erfolge aussehen, läßt sich in Konturen bereits erkennen: Im Sommer noch ließen Regierungssprecher sorgenvoll verlauten, das Budgetdefizit werde im kommenden Jahr 63 Milliarden betragen. Nun sollen Einnahmen von 245 Milliarden und Ausgaben von 295 Milliarden vorgesehen sein. Wenn die Schätzungen nur einigermaßen realistisch sind, wird das Passivum also „nur“ 50 Milliarden Schilling betragen. Wenn das keine Sanierung des Budgets ist!

Nun werden Routiniers der Innenpolitik sicher zu bedenken geben, daß in einem Wahljahr von der Regierung keine drastischen Sanierungsmaßnahmen zu erwarten sind. Die bitteren Pillen werden für die folgenden Jahre aufgehoben. Vorläufig wird sogar eine Steuer-„Senkung“ -von allerdings mikroskopischen Dimensionen - durchgeführt.

Es mag entsetzlich altmodisch klingen, wenn man von Ehrlichkeit in der Politik spricht; aber eigentlich müßte man vor einer Wahl verlangen, daß die Regierung die Karten auf den Tisch legt und dem Wähler sagt, wie sie sich die unvermeidlichen Sanierungsschritte vorstellt. Den Wählern hinterher die bösen Überraschungen zu präsentieren, mag zwar politisch lukrativ sein, stellt aber schlechten demokratischen Stil dar,

Die Wahltaktik verlangt vom Finanzminister, die Steuererhöhungen - als „Kompensation“ für die minimale Lohn- und Einkommensteuerkorrektur - im kommenden Jahr in Grenzen zu halten und auf Sektoren zu beschränken, auf denen sie für politische Zielgruppen weniger direkt spürbar sind. Geplant ist eine Erhöhung der Mineralölsteuer um 30 Groschen je Liter Benzin, die aber nicht den Konsumenten treffen, sondern von den „Öl-Multis“ aus den zusätzlichen Gewinnen infolge des Dollarverfalls getragen werden soll.

Der erste „Erfolg“ dieser Ankündigung ist bereits da: Die ölfirmen haben unter diesem Aspekt die schon fertig paktierte Reduktion des Heizölpreises wieder rückgängig gemacht.

Weiters sollen die Posttarife angehoben werden. Auch darauf erwartet man keine schärfere Publikumsreaktion.

Vernünftigerweise dürfte allerdings die Regierung auch in den Jahren nach den Nationalratswahlen die Steuerschraube - speziell bei den direkten Steuern - nicht weiter anziehen, denn sie ist schon eindeutig überdreht. Dies gilt besonders für die große Masse der mittleren Einkommen. Ein internationaler Vergleich zeigt, daß bei einem Jahreseinkommen von rund 170.000 Schilling die Einkommensteuer in Österreich bereits 29,6 Prozent beträgt - ein Prozentsatz, der nur noch von unserem großen Vorbild Schweden übertroffen wird. In der Schweiz zahlt man hingegen für das gleiche Einkommen bloß 10,6 Prozent Steuer!

Dazu kommt noch, daß Österreich auch bei den übrigen Abgaben - speziell bei jenen für die Sozialversicherung - zur Spitzenklasse gehört, so daß die Gesamtbelastung für die mittleren Einkommen noch ungünstiger aussieht.

Dennoch hat Androsch erst vor kurzem zu verstehen gegeben, daß er dem Steuerzahler lediglich eine Atempause zwecks „Gewöhnung“ konzedieren will, künftige Schröpfaktionen aber durchaus zu erwarten sind.

Von einer echten Einsparung auf der Ausgabenseite will hingegen die Regierung nicht viel wissen. Soweit es sich nicht um bloße Verschiebung und Verschleierung der Ausgaben handelt sind die Sparpläne angesichts des präliminierten Defizits von 50 Milliarden geradezu lachhaft.

Bisher wurden - noch dazu mit großem publizistischem Aufwand -lediglich auf zwei Sektoren Ausgabenreduktionen angekündigt: bei den Subventionen für Grundnahrungsmittel und bei der Sparförderung. Wie immer man sich dazu stellen mag, diese Maßnahmen sollen in einem Fall 600 bis 700, im anderen 500 Millionen Schilling bringen.

Sicherlich muß man kleinweise sparen. Aber wenn damit ein konkreter Effekt für das Budget erreicht werden soll, müßten Kürzungen von solchen Dimensionen nicht bei zwei, sondern bei zumindest 20 bis 30 gleich umfangreichen Positionen erfolgen.

Auch das neue Budget wird daher wieder ein Fest für rote Zahlen sein.

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