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Festspiel-Idomeneo in München

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Mozart nannte seinen ,;Idomeneo“ eine große heroische Oper in drei Akten. Die Uraufführung fand am 29. Januar 1781 in München statt. Der „Idomeneo“ stellt den Höhepunkt der Seria-Opern des jungen Mozart dar. Auch der späte „Titus“ konnte den „Idomeneo“ an musikalischem Einfallsreichtum nicht überbieten.

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Mozart nannte seinen ,;Idomeneo“ eine große heroische Oper in drei Akten. Die Uraufführung fand am 29. Januar 1781 in München statt. Der „Idomeneo“ stellt den Höhepunkt der Seria-Opern des jungen Mozart dar. Auch der späte „Titus“ konnte den „Idomeneo“ an musikalischem Einfallsreichtum nicht überbieten.

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Mozart schriet) das Werk im Auftrag des Münchner Hofes und verband damit die größten Erwartungen für seine Zukunft, die sich in München leider nicht erfüllen sollten. So ist „Idomeneo“> auch ein Schmerzens^. kmd Mozarts gewesen, und er ist es bis heute geblieben, denn selbst der üppigste Musikreichtum der genialen Partitur läßt doch nicht vergessen, daß wir es geistig mit einer abgelebten Form des spätbarocken Operntheaters zu tun haben. Die vielen Neubearbeitungen und Neubelebungsversuche in jünster Zeit sind beinahe grundsätzlich ohne Dauererfolg, doch ist man es der musikalischen Substanz des Werkes schuldig, sich immer wieder von neuem mit Mozarts „Idomeneo“ auseinanderzusetzen. Besonders für die Uraufführungsstadt München ist das immer wieder ein hohes Anliegen, und so erwartete man die Premiere dieser Festspiel-Neuinszenierung im Cuvil-lies-Theater (in dem einst Mozart selbst dirigierte) mit größtem Interesse. Der Bremer Intendant, Peter Brenner, wählte die sogenannte Uraufführungsfassung, die vor einigen Jahren bei B'ärenreiter erschien, allerdings noch mit der Komplettierung der großen C-Moll-Arie der Elektra (dafür sind andere Partien gekürzt, um die Aufführungsdauer auf knappe drei Stunden zu reduzieren). Noch einmal kurz zur Handlung: Die Oper spielt während des Trojanischen Krieges auf Kreta. Auf tobender See legt König Idomeneo ein Gelübde ab; nach seiner Rettung wolle er dem Meeresgott den ersten Menschen opfern, der ihm an Land begegne. Zu seinem Entsetzen begegnet ihm sein einziger Sohn. Da Idomeneo sich zu diesem Opfer nicht bereit finden will, zürnt der Gott und schickt die Pest über das Land. Erst als Prinz Idamantes den Tod für sich fordert, und Ilia an seiner Stelle sterben möchte, erlischt der Fluch und trotz der vor Eifersucht und Leidenschaft lodernden Prinzessin Elektra ernennt das Orakel Idamantes und Ilia zum neuen Herrscherpaar.

Diese Handlung, die von Pathos geradezu überquillt, in Aktion aufzulösen, ist Peter Brenner überraschend gut gelungen und die Quadriga, die der Bühnenbildner Ekkehard Grübler über die große Spielscheibe (drehbar und ansteigend) daihintrei-ben läßt, schien von Anfang an einem großen Festspielerfolg entgegenzu-galoppieren. Auch bei Brenner kommt es immer wieder zur Ubermente, aber er war sich anscheindend mit dem musikalischen Leiter der Aufführung, Wolfgang Sawallisch, darin einig, um keinen Preis ein szenisches Oratorium aus. diesem Stoff zu machen, sondern diesen „Idomeneo“ so praill wie nur möglich mit dramatischem Impetus zu füllen. Brenner mutete deshalb seinen Hauptfiguren vielleicht etwas zu viel Bewegung zu, führte den Ohor in den Volksszenen und im Sturmbild dagegen zu grandiosen Wirkungen. Während man also in ungezählten Idomeneo-Auffünrungen — vom musikalischen Genuß abgesehen — mit Langeweile zu kämpfen hat, fesselte diese Neuinszenierung — trotz Oriiginalsprache — vom Anfang bis zum Ende. Das ist auch Ekkehard Grübler zu danken, der zwar alles von Anfang an zu düster einstimmte und sich damit selbst um den Effekt der Kontraste brachte, in manchen Bildern aber eine Art von „Jugendstil-Antike“ hervorzauberte, die Historisches, Mystisches und Modernistisch-Nostalgisches glücklich miteinander zu verbinden versteht. Zur Szene kam der Dirigent der Aufführung, der am Ende der Spielzeit noch immer energiegeladene (nicht so das Bayerische Staatsörchester, dem bei den Streichern Konzentrationsmangel anzumerken war), musikalische Chef der Bayerischen Staatsoper,

Ilia, die ihre Liebe den Lüften und Blumen anvertraut, steigt Sawallisch in tiefere Ausdrucksbereiche, ohne dabei an Spannung zu verlieren, und es gelingen ihm Passagen erfüllten Musizierens. Die dramatische Verve — durch die eingeschobene, letzte Elektra-Arie noch einmal erihitzt — hält Sawallisch bis zum letzten Takt mitreißend durch. Julia Varady und Lilian Sukis als Elektra und Ilia sind Idealbesetzungen, die der großen Mozart-Tradition Münchens voll und ganz gerecht werden. Claes-Haakan Ahnsjö, der den Idamantes singt, habe ich immer schon für überschätzt empfunden, seine stimmlichen Mittel sind gut, aber für diese Rolle und innerhalb einer so hochkarätigen Aufführung nicht ausreichend. Von Hermann Winkler in der Titelpartie hörte man stolze Töne tenoralen Glanzes, eine exzellente Leistung, wenn die Stimme auch nicht sehr beweglich und nuancenreich ist. Der Chor wurde von Josef Beischer einstudiert; daß er ab und zu schleppt, dürfte an der heiklen Akustik des Cuvillies-Theater liegen, doch mit diesem Problem war ja wohl Wolf-gang Amadeus Mozart bereits konfrontiert. Alle Mitwirkenden, in erster Linie Lilian Sukis, Julia Varady und Wolf gang Sawallisch, wurden stürmisch gefeiert.

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