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Feuer und Sturm

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Die Sendung des Heiligen Geistes über die allererste Christengemeinde (der Apostel mit Maria) wird von der Apostelgeschichte mit zwei elementaren Symbolen dargestellt: dem Sturm und dem Feuer. So sind nach alttesta- mentlichem Vorbild gleich zwei der vier Elemente zum Zeichen des göttlichen Wirkens bestellt. Dem Kenner der Bibel kommen zu beiden Bildern zahlreiche Assoziationen:

Der Sturmwind erinnert an den Geist Gottes, der über den Wassern schwebte, an den Atem Gottes, mit dem der erste Mensch belebt wurde, an den Ostwind, der beim Exodus das Schilfmeer austrocknete und so Israel rettete. Das Feuer erinnert an die Feuersäule beim Zug durch die Wüste, an den brennenden Dornbusch, an Elija\ Diese und andere Stellen des Alten Testamentes zeigen, wie sehr die jüdische und ursprünglich auch die christliche Überlieferung mit der Sprache der Zeichen und Symbole vertraut war.

Beide Bilder sind von einer starken Ambivalenz geprägt: Sowohl der Wind wie auch das Feuer können ebenso wohltätig wie vernichtend wirken. Der Mensch braucht sie, und er fürchtet sie zugleich. Wie überhaupt des Menschen Möglichkeiten und Chancen zugleich seine Versuchungen und Gefährdungen sind. Daran zeigt sich, daß die Rede vom Heiligen Geist keine bloß idyllisch-erbauliche sein darf, wenn sie nicht am Wesen vorbeireden will.

Der Geist Gottes ist nicht nur einer, der uns kräftigt, sondern auch einer, der uns herausfordert, nicht nur einer, der un$ motivieren kann, sondern auch einer, der uns richten kann. Im Bild gesagt: belebender Hauch und gefährdender Sturm, wärmendes Feuer und vernichtende Glut.

Es ist interessant, daß sich keines der beiden Bilder in der künstlerischen Darstellung des Heiligen Geistes durchsetzte — am ehesten noch die Feuerzungen in Bildern von Pfingsten. Dagegen hat sich die Taube, wohl auch weil sie bildlich leichter darzustellen ist, als Symbol eingeprägt. Biblisch kommt sie nicht nur aus der symbolkräftigen Szene von der Taufe Jesu, sondern auch aus der Sintflutgeschichte, wo sie den Frieden Gottes mit seiner Schöpfung symbolisiert.

Wenig beachtet findet sich auch im Johannesevangelium eine Geistsendung an die Apostel — hier allerdings am Osterabend: Jesus haucht die Apostel an und sagt: Empfanget den Heiligen Geist! Hier wird in der Bildersprache der Bibel an die Schöpfung angeknüpft, in der Gott dem aus Erde gebildeten Menschen seinen Atem einhaucht.

28. Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

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