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Finanzausgleich als Balanceakt

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Nach den Bestimmungen der Finanzverfassung ist die gesetzliche Gestaltung des Finanzausgleiches zwar Aufgabe des Bundes, es ist aber in den vergangenen Perioden immer wieder gelungen, einen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden paktierten, einvernehmlich beschlossenen Finanzausgleich zustande zu bringen. Die Länder haben daher in den seit Monaten laufenden Verhandlungen immer wieder ihr Interesse bekundet, auch den Finanzausgleich 1985 in Form einer Vereinbarung aller Gebietskörperschaften abzuschließen. Ein dermaßen vereinbarter Finanzausgleich kann allerdings nur dann zur Zufriedenheit aller Beteiligten abgewickelt werden, wenn er auch wirklich eingehalten wird. Durch steuergesetzliche Maßnahmen wurde der Finanzausgleich 1979 in seinen Auswirkungen verändert. Mehrerträge von mehr als vier Milliarden Schilling wurden nicht der im Finanzausgleich vorgesehenen Verteilung unterworfen.

Im Finanzausgleich 1979 haben die Länder erstmalig in der Zweiten Republik eine Ertragsminderung von jährlich 650 Millionen auf sich genommen.

Dies hat die Länder erheblich belastet. So stieg der Schuldendienst der Länder mit Wien als Land und Gemeinde von 1973 bis 1982 um 624 Prozent. Die in der letzten Finanzausgleichsperiode beschleunigte Verschuldung der Länder gefährdet zunehmend die finanzielle Grundlage der Auf ga-benerfüllung. Ziel der Länder in den laufenden Verhandlungen muß es daher sein, jene Mittel zu sichern, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben dringend brauchen. Es muß möglich sein, daß die Gebietskörperschaften ihre hoheitsrechtlichen Aufgaben vollständig und die privatwirtschaftlichen Aufgaben zumindest in angemessener Weise erfüllen können.

Besonders brennend sind die Finanzierungsfragen in den Bereichen Landeskrankenanstalten, Umweltschutz, Wohnbau sowie Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Für die Krankenanstalten besteht seit 1978 der Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds, der von Bund, Ländern, Gemeinden sowie Sozialversicherung gespeist wird. Obwohl dieser Fonds grundsätzlich zu begrüßen ist, ist eine grundlegende Verbesserung bei der Finanzierung der Krankenanstalten nicht eingetreten.

Noch immer ist das gesamtösterreichische Finanzdeckungsverhältnis nur bei rund 60 Prozent, so daß die Krankenanstaltenträger (im überwiegenden Maße die Länder) 40 Prozent der Kosten aus allgemeinen Dek-kungsmitteln finanzieren müssen. Für dieses dringende Problem muß eine dauerhafte, befriedigende Lösung gefunden werden.

Der auf die Länder vermehrt zukommende Finanzierungsaufwand für Umweltschutz wird uns täglich durch neue Meldungen über Umweltprobleme vor Augen geführt. Da sich die Länder mangels umfassender Kompetenzbestimmungen des Umweltschutzes in besonderer Weise annehmen müssen, werden sehr erhebliche Mittel erforderlich sein. Die Ausstattung der Länder und Gemeinden mit einem Zweckzuschuß von je 50 Millionen pro Jahr wird für diese Aufgaben kaum reichen.

Die Verhandlungen über den Finanzausgleich werden selbstverständlich durch die unterschiedlichen Interessen der Verhandlungspartner (Bund, Länder, Gemeinden) erschwert. In den Gemeinden sind die Ansprüche und Verhandlungsabsichten für den Städtebund vielfach anders gelagert als für den Gemeindebund. Der Ausgleich dieser Interessen müßte innerhalb dieser beiden Gruppen gefunden werden.

Städtebund und Gemeindebund sind sich zwar einig, wenn sie gemeinsam die Forderung auf Abschaffung der Landesumlage erheben. Wie sich die aus der Abschaffung der Landesumlage ergebenden Vergünstigungen von rund 2,9 Milliarden Schilling (für 1981) auf die Städte und Gemeinden verteilen würden, ist aber auch für den Städte- und Gemeindebund noch eine ungelöste Frage.

Die Länder können jedenfalls auf eine derart hohe Einnahme nicht verzichten, haben aber stets ihre Bereitschaft bekundet, die Landesumlage gegen Ertragsanteile oder sonstige Steuereinnahmen zu tauschen.

Die vielfältigen Verzahnungen und Verästelungen des Finanz-ausgleichsgefüges und ihr unmittelbarer Zusammenhang mit sonstigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen führen zu einer großen Empfindlichkeit gegenüber jeder Veränderung.

Die Wirtschaft erhebt mit Recht die Forderung, kalkulierbare Grundlagen für künftige Investi-tions- und Produktionsbedingungen zu bekommen. Dies macht bei Verhandlungen über den Finanzausgleich besondere Vorsicht nötig, denn die Auswirkungen von Veränderungen sind oft schwer erkennbar. Der gemeinsame Wille von Bund, Ländern und Gemeinden muß auf jeden Fall dahin gehen, die Erfüllung ihrer Aufgaben finanziell sicherzustellen.

Soll der künftige Finanzausgleich daher seine Aufgaben erfüllen, die staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten dort einzusetzen, wo sie für den Staatsbürger hautnah spürbar werden, muß der Forderung von Ländern und Gemeinden entsprochen werden, ihre Finanzierungsausstattung wesentlich zu verbessern.

Der künftige Finanzausgleich wird von allen Gebietskörperschaften getragen werden müssen. Insofern halte ich Erwartungen hinsichtlich einer revolutionären strukturellen Änderung für unrealistisch. Ich glaube aber, daß die gemeinsame Trägerschaft den erträglichen Kompromiß rechtfertigt.

Der Autor ist Landesrat für Finanzen.

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