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Finanzierungsmonopol ?

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Zehn Schilling pro Wählerstimme sollen künftig die politischen Parteien in Österreich aus Budgetmitteln erhalten. Das ist anscheinend nicht- viel, - ergibt- aber immerhin-die runde Summe von 50 Millionen. So lautet die neueste Variante für die geplante staatliche Parteienfinanzierung, deren Realisierung allerdings noch sehr in Frage steht.

Dennoch hat die staatliche Parteienfinanzierung Gegner. Diese sehen in den Parteien Fässer ohne Boden, welche um so mehr Geld brauchen, je mehr man ihnen gibt

Trotz staatlicher Mittel würden daher die Parteien weiterhin bestrebt sein, zusätzliche Gelder aufzutreiben. Ganz von der Hand zu weisen sind diese Befürchtungen nicht, wie ja auch die Erfahrung in jenen Staaten lehrt, die die staatliche Parteienfinanzierung bereits eingeführt haben.

Dies bedenkend, scheint ein weiterer Gesetzentwurf das Ei des Kolumbus zu sein, den Finanzminister Androsch dieser Tage dem Ministerrat Vorgelegt hat und der den Parteien die privaten Finanzierungskanäle verstopfen soll. Sein Schönheitsfehler besteht allerdings darin, daß er nicht alle Kanäle gleichermaßen verstopfen soll, sondern nur — wie von der sozialistischen Presse und sozialistischen Politikern ganz offen zügegeben wird — diejenigen der ÖVP, eventuell auch der FPÖ.

In sozialistischer Diktion hört sich das freilich ganz gut an: Die ÖVP lebt von den Schmiergeldern der Kapitalisten, die SPÖ hingegen von den Beiträgen ihrer Mitglieder. Letztere repräsentieren das „arbeitende Volk“, welches sich keine Millionenspenden leisten kann, weshalb die SP nach wie vor arm sei und keine aufwendigen Wahlkämpfe — wie die von den Kapitalisten ausgehaltene ÖVP — führen könne.

De facto erweisen sich allerdings die sozialistischen Wahlkämpfe zumeist als nicht weniger aufwendig.

Wenn sich also schon die ÖVP von den Kapitalisten kaufen lasse, so solle dies wenigstens nicht auf Kosten des Steuerzahlers gehen, indem die Parteispenden steuerlich absetzbar sind. Direkt ist dies zwar in Österreich nicht möglich, wohl aber indirekt: Zahlungen an Interessenvertretungen sind tatsächlich Steuer- absetzposten. Was aber dann die Organisationen mit den Geldern machen, entzieht sich — nicht auf Grund eines Gesetzes, wohl aber auf

Grund einer Parteienvereinbarung — der öffentlichen Kontrolle.

Zweifellos wäre es eine Möglichkeit, alle Beiträge an Interessentenvertretungen steuerpflichtig zu machen. Nach sozialistischen Vorstellungen sollen sie es aber nur von einer gewissen Höhe an werden, nämlich so, daß die Gewerkschaftsbeiträge weiter steuerlich absetzbar sind, nicht aber die Zahlungen der Wirtschaft an ihre Interessenvertretungen. Diese basieren nämlich in vielen Fällen nicht auf der Einzelmitgliedschaft physischer Personen, sondern auf Firmenmitgliedschaft und sind dementsprechend hoch. Da nun der Gewerkschaftsbund sozialistisch dominiert ist, haben die übrigen Parteien von dort wenig zu erwarten. Hingegen unterstützt die Privatwirtschaft vor allem aber die ÖVP — und auch die FPÖ. Spenden dieser Art dürften den Gesamtbedarf der Bundes-ÖVP zu 60 Prozent, und der FPÖ zu gut 80 Prozent decken. Ihr Entzug wäre also wahrscheinlich katastrophal.

Zwar gehört die sozialistische Behauptung, von den Beiträgen der Parteimitglieder zu leben, in das Gebiet der Fabel.

Solche Spenden würden aber von dem neuen sozialistischen Gesetz nicht erfaßt, welches ganz auf die Finanzierungskanäle der ÖVP zugeschnitten ist, letzten Endes zu einem sozialistischen Finanzierungsmonopol oder zumindest -Übergewicht führen soll. Eine solche einseitige finanzielle Überlegenheit einer Partei stellt aber eine ernste Gefahr für die Demokratie dar.

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