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„Fingerspitzengefühl allein ist zu wenig

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„Meine Landsleute schätzen konkrete Leistungen und die gemeinsame Lösung von Sachproblemen mehr als politische Haxlbeißereien und Dauerwahlkämpfe, daher hat der Oberösterreichische Landtag die längste Legislaturperiode aller Bundesländer”, antwortet Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck (53) auf die Frage, warum die Bürgerinnen und Bürger im Land ob der Enns nur alle sechs Jahre zu den Urnen gerufen werden. „Wir haben dabei den großen Vorteil, daß wir volle fünf Jahre zum Wohle unserer Bevölkerung in der Landesregierung und im Landtag sachlich zusammenarbeitn können”, bekräftigt der dynamische Landeschef.

Und hinter Dr. Ratzenböck steht heute eine noch größere Mehrheit der oberösterreichischen Bevölkerung als bei der jüngsten Landtagswahl im Herbst 1979: Damals erzielte die Landes-VP mit 379.000 Stimmen (51,62 Prozent) den größten Wahlsieg in Ihrer Geschichte. Es ist ihr gelungen, den Vorsprung der SPÖ in Oberösterreich bei der Nationalratswahl, der 65.000 Stimmen betrug, nicht nur einzuholen, sondern in einen ÖVP-Vorsprung von mehr als 75.000 Stimmen umzuwandeln.

Seither hat Ratzenböck bei seinen Landsleuten weiter beharrlich ge-

' punktet. „Absoluter Spitzenreiter in Bekanntheit und Beliebtheit unter allen oberösterreichischen Politikern ist weiterhin Landeshauptmann Dr. Ratzenböck. 79 Prozent der Oberösterreicher haben eine gute Meinung von ihm, während nur 27 Prozent der Oberösterreicher dies über den neuen SPÖ-Landesobmann Dr. Karl Grünner äußern”, erläutert VP-Landesparteisekretär Landtagsabgeordneter Mag. Helmut Kukacka (36) eine Meinungsumfrage des anerkannten Linzer IMAS-Institutes vom Sommer 1982. Dabei liegt Ratzenböck auch bei der Frage „Wer wäre Ihnen als Landeshauptmann lieber: Ratzenböck oder Grünner?” voran. Ratzenböck kommt hier sogar auf 65 Prozent der Oberösterreicher. Für Grünner entschieden sich zwölf Prozent.

Alles in allem gesehen also eine relativ ungünstige Startposition für den neuen SPÖ-Mann.

Landes-SP in Umorientierungsphase

„Diese Umfrage dokumentiert eine äußerst positive Halbzeitbilanz der Landes-VP”, kommentiert Kukacka. Man müsse aber auch dazu feststellen, daß sich die Landes-SP in einer Umorientierungsphase auf einen neuen Spitzenkandidaten befinde, was sich sicherlich in einer gewissen Orientierungslosigkeit ihrer Parteisympathisanten niedergeschlagen habe. Es sei deshalb damit zu rechnen, daß sich die SPÖ-Wähler nach der „Grünner-Anlaufphase” wieder verstärkt an der Landes-SP und ihrem Spitzenkandidaten orientieren werden.

Derzeit ist davon allerdings wenig tagspräsident und Direktor der Linzer Wohnungsgesellschaft (GWG), Leo Habringer, der am 21. Oktober den freien SP-Landesregierungssitz (Gesundheit und Naturschutz) übernehmen wird. In einer Überraschungsaktion wurde vor wenigen Wochen der Naturfreunde-Landesobmann und Ex-Sekretär von SP-Wohnbaulandes-rat Ernst Neuhauser gestürzt. Offizielle Version: Zu viele Schulden bei Hüttenbauten. SP-lnsider wiederum glauben es besser zu wissen. Kühnel muß Habringer weichen, weil der Naturschutzlandesrat verständlicherweise eine Hausmacht braucht.

„Kein Kommentar”

Jetzt versucht Grünner, so recht und schlecht die Wellen zu glätten. Das ist ihm bei seinen Innviertier Genossen nicht gelungen. Dem Braunauer SPÖ-Erfolgsbürgermeister Hermann Fuchs machte Grünner Hoffnungen auf den freien Landesratssitz, obwohl intern schon so gut wie feststand, daß Leo Habringer das Rennen machen werde. Ein verbitterter Fuchs, der spontan seine Funktion als Braunauer Bezirksparteichef und Vorsitzender der Wahlkreiskonferenz Innviertel zurückgelegt hatte, sich 14 Tage in den Süden zurückzog und dann der Oö-Krone auf die Frage „Was halten Sie vom neuen Team der Landes-SPÖ?” antwortete: „Kein Kommentar.”

Nach den ersten fünf Monaten läßt der SP-Landeschef Grünner selbst kleinste Anzeichen vermissen, die darauf hindeuten, daß die Oö SPÖ zu einer ernstzunehmenden Alternative zu LH Ratzenböcks Volkspartei werden könnte.

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