So verschachtelt und schwer überschaubar die WAZ-Gruppe (FURCHE 13 und 14/1988) organisiert ist, so klar und einfach sind ihre Medienstrategien. Das Essener Verlagshaus, das mit seinem 45prozentigen Einstieg in den „Kurier“ für ein gewaltiges Rauschen im heimischen Blätterwald gesorgt hat, verordnet den Zeitungen, die es in sein Korsett gezwängt hat, keinen publizistischen Eintopf. Im WAZ-Haus, so kürzlich die „Süddeutsche Zeitimg“, sei man sogar besonders stolz auf die Wahrung der redaktionellen Eigenständigkeit. Was zählt, ist, daß sich Technik, Vertrieb, der Anzeigenbereich und die Verwaltung rechnen und wirtschaftlich auszahlen. Die Blätter des Medien-Kolosses gehören auch zu den preiswertesten in der Bundesrepublik.
Was dabei in der Diskussion untergegangen ist, betrifft ein weiteres gewaltiges Standbein der
WAZ neben vier großen Tageszeitungen und dem Engagement im Bereich Neue Medien. Das Verlagshaus besitzt laut „Süddeutsche“ auch über 50 Anzeigenblätter mit rund 2,2 Millionen Exemplaren Auflage. Diese Gratiszeitungen, die wöchentlich oder täglich erscheinen und sich aus Inseraten finanzieren, sind die Werbeträger vor allem der regionalen Wirtschaft. Laut „Pressehandbuch 88“ gibt es auch in Osterreich etwa 200 solcher Anzeigenblätter wie zum Beispiel die Bezirksjournale oder das „Grazer Schaufenster“. Fast jeder österreichische Verlag hat in diesem Bereich ein fixes Standbein.
Daß die Deutschen hier einsteigen, ist zu erwarten. Eine reich gefüllte Kasse und jahrzehntelanges Know-how sind die besten Voraussetzungen, diese Einnahmequellen anzuzapfen. Neue
Märkte mit Billigstpreisen zu erobern, sind dabei aber bekannt bewährte WAZ-Strategien...
Für die 437 Drucker der „Krone“ ist auch dies kein Grund zum Aufatmen. Sie zittern weiterhin durch die Zusammenlegung mit der Kurier-Druckerei um ihre Arbeitsplätze. Denn durch die technische Uberalterung wären sie gar nicht in der Lage, solche Anzeigenblätter zu drucken.
