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Flexibilität statt neues Konzept

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Herbert Kohlmaier präsentierte in der FURCHE 32/1991 einen Vorschlag zur Reform des Abfertigungsanspruches. Der Autor des folgenden Beitrags hat diesen Vorschlag kritisch unter die Lupe genommen.

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Herbert Kohlmaier präsentierte in der FURCHE 32/1991 einen Vorschlag zur Reform des Abfertigungsanspruches. Der Autor des folgenden Beitrags hat diesen Vorschlag kritisch unter die Lupe genommen.

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Die sommerliche Diskussion um die Abfertigung ist insoweit nützlich, als sie ein Wiederbesinnen auf den eigentlichen Zweck dieser spezifisch österreichischen Regelung und ein Nachdenken über die Sinnhaftigkeit der derzeitigen Regelung ermöglicht. Unbestritten sei, wie auch Herbert Kohlmaier ausführte, daß die Abfertigung historisch gesehen, drei Hauptzwecke verfolgte: finanzielle Absicherung des Arbeitnehmers bei Arbeitsplatzverlust, Belohnung der Betriebstreue und Schutz vor Kündigung. Durch die Einführung eines Abfertigungsanspruchs bei Pensionierung und Mutterschaft auch im Fall der Selbstkündigung ist der Charakter der Abfertigung nicht entscheidend verändert worden, weil in diesen Fällen der Selbstkündigung ein neues Dienstverhältnis zu einem anderen Dienstgeber typischerweise nicht eingegangen wjrd und daher die Abfertigung nach wie vor den Charakter als Belohnung der Betriebstreue beibehalten hat.

Vor allem ist sie dadurch nicht zu einem vorenthaltenen Lohnbestandteil geworden, weil sie ja in allen anderen Fällen der Selbstkündigung nach wie vor nicht gebührt.Insoweit die Abfertigung als Belohnung der Betriebstreue zusteht, wird ihr immer wieder vorgeworfen, daß sie die Mobilität der Arbeitnehmer negativ beeinflusse. Dieses Argument kann aber wohl kaum aufrechterhalten werden, seit durch eine Erhebung des Mikrozensus nachgewiesen wurde, daß die Einführung der Arbeiter-Abfertigung ab dem Jahre 1979 die Mobilität der Arbeiter nicht verändert hat. Aus der Sicht der Betriebe ist es gerade die Belohnung der Betriebstreue, die die Abfertigung noch akzeptabel macht. Daher wäre die Zuer-kennung einer Abfertigung bei Selbstkündigung eine den Betrieben völlig unzumutbare Belastung.

Der Gedanke von Kohlmaier, die Abfertigungsregelung zu splitten, sie also bei Kündigung durch den Arbeitgeber als Schutzmaßnahme in der bisherigen Form zu belassen, sie aber bei Pensionierung in eine Pensionsleistung umzuwandeln, wirft mehrere Fragen auf:

Würde man einerseits in eine Pensionskasse einzahlen müssen, daneben aber im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber die Abfertigung in der bisherigen Form beibehalten wollen, so würde ja der Dienstgeber in diesen Fällen doppelt zur Kasse gebeten werden. Denn die einmal in eine Pensionskassa eingezahlten Beträge sind ja unverfallbar und bleiben dem Arbeitnehmer auf jeden Fall gewahrt. Ein Nebeneinander der beiden Modelle erscheint mirdaher nicht möglich.

Kein Kündigungsschutz

Eine gänzliche Umwandlung in Pensionsleistungen wirft aber ebenfalls manche Probleme auf: Der Arbeitnehmer würde dann keinen einmaligen Betrag mehr auf die Hand bekommen, den er allenfalls selbst veranlagen kann, sondern eine laufende Leistung; im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber erhielte er keine Abfertigung mehr, sondern wäre für die Zeit der Postensuche auf das Arbeitslosengeld angewiesen, was vor allem ältere und gutverdienende Arbeitnehmer; bei denen dann der Einkommensabfall sehr groß wäre, treffen würde. Auch die Kündigungsschutzfunktion wäre dann nicht mehr wirksam.

Aus der Sicht der Arbeitgeber wären die Nachteile, daß dann - wenn auch indirekt - die Abfertigung erst recht wieder bei Selbstkündigung gebühren würde und daß überdies dem Betrieb die Möglichkeit einer Rücklagenbildung mit dem damit verbundenen Vorteil des Quasi-Eigenkapi-tals nicht mehr offenstünde.

Die derzeitige Abfertigungsregelung bietet daher den Arbeitnehmern einige Vorteile, die sie bei einer Umgestaltung in Pensionsleistungen verlieren würden. Etwas mehr Flexibilität könnte aber dadurch geschaffen werden, daß man dem Dienstnehmer die Möglichkeit schafft, schon früher auf seine Abfertigung zu greifen, sofeme auch der Dienstgeber damit einverstanden ist.

Dies würde allerdings voraussetzen, daß die steuerliche Behandlung dieser vorgezogenen Abfertigung gleich bleibt und auch der Dienstgeber die Rücklage steuerfrei auflösen kann.

Der Autor ist Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der Bundeswirtschaftskammer.

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