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Florenz und die Medici

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Es ist ein langfristiges und weitsichtiges Denken. So ist es zu verstehen. Denn der Europarat,ist fest davon überzeugt, „daß internationale Krisen sich am besten dadurch verhindern lassen, daß den Nationeft'des Kontinents die Gemeinsamkeit ihrer Zivilisation vor Augen geführt wird, die zu verteidigen ihr gemeinsames Ziel sein sollte".

Und so veranstaltet man Ausstellungen für Kunst, Wissenschaft und Kultur - in diesem Jahr in Florenz und damit zum zweiten Mal in Italien. Der Titel: „Florenz und die Toscana der Medici im Europa des 16. Jahrhunderts." Wieder ein Thema, das bei aller Verschiedenheit die kulturelle Einheit Europas aufzeigen sollte, wie es auch in den Jahren zuvor mit den Ausstellungen „Tendenzen der zwanziger Jahre" (Berlin 1977), „Das Zeitalter des Klassizismus" (London 1972) oder „Der Malteserorden" (Malta 1970) unternommen wurde.

Ziel der Europaratsausstellung 1980 ist der Versuch, die Kunst und das Leben des sechzehnten Jahrhunderts auf den Ausstellungssockel zu heben. Es ist die Zeit einer geistigen Krise, einer Unruhe, eines „unglücklichen Bewußtseins", der Entzauberung von Synthese und klassischer Ausgeglichenheit.

Die neue Sicht durch die junge Generation nach 1500 nennen wir den Manierismus, der, wie der lumsthisto-riker Giulio Carlo Argan meint, „weder ein Stil, noch eine begrenzte Kunstströmung ist, sondern ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte der figurativen Kunst". In Abwandlungen ist der Manierismus europa weit zu finden, in Rom ebenso, wie in Fontainebleau und in Flandern. Und Florenz und die Toscana waren wieder einmal ein Ausgangspunkt. Mit und ohne Medici.

Daß gerade die Medici zu den berühmtesten aller italienischen Familien wurden, das hängt vor allem damit zusammen, daß es gerade ihnen gelang, ein nahezu absolutisches Herrschaftssystem in einer Stadt zu verankern, deren Bürger die Verfassung so angelegt hatten, daß' die Macht einer einzigen Familie, geschweige denn einem Einzelnen, nur schwer zufallen konnte: „Die Hoffnung, ein öffentliches Amt zu erlangen und in eine höhere Stellung aufzusteigen, ist für alle gleich." Daran glaubten die Florentiner und darauf waren sie stolz. ■

In der Praxis aber wurden die wichtigsten Posten abwechselnd von den Mitgliedern weniger alteingesessener Familien besetzt und später von den Medici und den ihnen Mahe-■%teHwfehV'Der Weg dahin, äls'tfag-fähige Stütze der Republik aner-' ärmzti' Werden & Ta VuT&chst einmal über das Geld.

Die Medici kamen aus einem einige Kilometer nördlich von Florenz gelegenen Apenninental und sie begannen erst spät, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Einfluß in der Stadt zu gewinnen, zunächst einmal durch glücklich geführte Bankgeschäfte. Sie waren dem Papst zu Diensten und sie unterstützten die Sforza in Mailand. Sie waren ein damals internationaler Konzern und die Geschäfte brachten beste Beziehungen. ■

Die Außenpolitik war schließlich ihre Domäne. Und immer wieder zeigten sie Bürgernähe - in Worten und in Taten.

„Florenz und die Toscana der Medici im Europa des 16. Jahrhunderts" - Kulturgeschichte, die thematisch aufgesplittert an mehreren Orten in und außerhalb von Florenz dargeboten wird: „Die Vorrangstellung des Disegno", eine großangelegte Ausstellung im Palazzo Strozzi, mit der die Idee, das Konzept des künstlerischen Wollens des 16. Jahrhunderts an bedeutenden Beispielen der Malerei der Toscana, der Bildhauerei und der angewandten Künste entwickelt wird.

„Die fürstliche Bühne" - so der Titel der Schau im Palazzo Medici Ric-cardi, eine Dokumentation theatergeschichtlich bedeutender Ereignisse und Errungenschaften, die im Florenz des 16. Jahrhunderts zu verzeichnen waren, und schließlich „Die Medici als Auftraggeber und Sammler", eine dritte Großveranstaltung im Palazzo Vecchio, der als Ausstellungsort und zugleich auch als größtes Ausstellungsobjekt zu erwähnen ist. Der Palazzo war der Sitz des obersten Magistrates der Republik Florenz, ein Ort, an dem tatsächlich Entscheidungen fielen

Die Ausschmückung wurde ab 1551 von Vasari vorgenommen. „Sie stellt", wie Andre Chastel schreibt, „eine so eklatant tendenziöse Verherrlichung dar, wie sie nirgendwo andeVs anzutreffen ist." Die Ausstellung wirft auch darauf ein Licht.

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