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Flucht in Paragraphen

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Im Oktober 1991 haben noch 3.344 Flüchtlinge in Österreich um Asyl angesucht, heuer nur mehr 514. Zwar gibt es weit- und europaweit mehr Flüchtlinge denn je, aber in Österreich gilt seit 1. Juni ein neues Asylgesetz.

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Im Oktober 1991 haben noch 3.344 Flüchtlinge in Österreich um Asyl angesucht, heuer nur mehr 514. Zwar gibt es weit- und europaweit mehr Flüchtlinge denn je, aber in Österreich gilt seit 1. Juni ein neues Asylgesetz.

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(hs)-Wer heute Hals über Kopf vor politischer Verfolgung in seiner Heimat flüchten muß, braucht für Österreich dreierlei: genügend Zeit zuroffi-ziellen Buchung und ausreichend Geld zur Bezahlung einer Flugreise, mit allen erforderlichen Dokumenten, versteht sich. Dann kann man Gnade vor dem neuen Asylgesetz finden.

Der Asylwerber muß nämlich direkt aus seinem Heimatland kommen. Denn Österreich gewährt „kein Asyl für Flüchtlinge, die in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher waren " (Paragraph 2). Damit scheiden praktisch schon alle Asylsuchenden aus, die sich auf dem Landweg durchschlagen, weil sie ja bereits in unseren Nachbarstaaten „sicher" waren.

Daher können Asylanten auch unmittelbar an der Grenze zurückgewiesen werden. Wer es trotzdem schafft, braucht jedenfalls für seinen Asylantrag sämtliche Papiere. Denn ein Antrag ist von vornherein „als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Identität des Asylwerbers oder sein bisheriger Wohnsitz nicht glaubhaft festgestellt werden kann " (Paragraph 17,3). Gegen einen Bescheid kann dann „binnen einer Woche Vorstellung erhoben werden. Diese hat keine aufschiebende Wirkung" (Paragraph 17,2).

Obwohl das Verfahren noch läuft, muß der Asylwerber aus Österreich verschwinden oder in Österreich untertauchen, er hat keine Aufenthaltsgenehmigung. Denn die „Aufenthaltsgenehmigung erlischt, wenn ein Rechtsmittel" - siehe oben - „keine aufschiebende Wirkung" hat (Paragraph 7). Selbst wenn die Berufung positiv entschieden wird, kann das der Asylsuchende kaum erfahren: Denn „die Hinterlegung erfolgt ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde selbst" (Paragraph 19). Man muß also schon zum illegalen Ausländer in Österreich werden, um überhaupt von Zeit zu Zeit beim Amt korrekt Nachschau halten zu können.

Für andere Fälle ist ebenso „vorgesorgt": Dafür wird der Flüchtling zur Abwicklung des Asylverfahrens (häufig) in Schubhaft genommen - ohne die Möglichkeit rechtskundigen Beistands. Für die Entlassung aus Schubhaft muß dann nur der Asylantrag zurückgezogen werden. Rechtliche Folge: Aufenthaltsverbot, Abschub. Und man ist wieder einen Ausländer los...

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