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Förderung statt Diktat

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Vom katholischen Sozialdenken gingen immer wieder starke Impulse für die Wirtschaft aus. Derzeit werden am Kummer-Institut in Wien aktuelle Probleme diskutiert.

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Vom katholischen Sozialdenken gingen immer wieder starke Impulse für die Wirtschaft aus. Derzeit werden am Kummer-Institut in Wien aktuelle Probleme diskutiert.

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Investitionen sind unerläßlich für die wirtschaftliche Entwicklung, für das Wachstum des Sozialprodukts wie für die Erhaltung der Arbeitsplätze. In einer Zeit eines umfassenden technologischen Wandels kommt es aber auch darauf an, ausreichende Investitionsimpulse zur Finanzierung der immer teureren Investitionen im Bereich des technischen Fortschrittes zu setzen.

Die Katholische Soziallehre stellt zwar immer wieder die Ordnungsaufgabe des Staates für alle

Gesellschaftsbereiche heraus, verbindet diese Grundsatzthese allerdings mit dem immer wieder gültigen Subsidiaritätsprinzip. Dieses betont die Eigeninitiative der am Wirtschaftsprozeß beteiligten Personen und kleineren Einheiten: In diesem Sinn muß auch die Investitionsplanung von den einzelnen Unternehmen ausgehen und nicht von staatlichen Zentralstellen.

So weist die Enzyklika „Mater et magistra“ auf diese Eigeninitiative hin. Die Unternehmen sollen ihre wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen eigenständig und selbstverantwortlich treffen.

Auch das II. Vatikanische Konzil hat eine kollektivistische Organisation des Produktions- und damit auch des Investitionsprozesses grundsätzlich abgelehnt. In der Pastoralkonstitution „.Kirche und Welt“ wird betont, daß der wirtschaftliche Fortschritt niemals der Herrschaft des Menschen entgleiten dürfe.

Es wird aber auch hervorgehoben, daß der Gemeinwohlzweck alles Wirtschaftens eine Förderung des technischen Fortschrittes verlangt. Weiters die Bereitschaft, neue Unternehmen zu gründen und bestehende zu erweitern.

In diesem Sinn ist Investitionsförderung durch den Staat bzw. sind öffentliche Förderungseinrichtungen nicht nur gerechtfertigt, sondern gewiß im Sinne gemeinwohlorientierter Wirtschaftspolitik notwendig.

Die Katholische Soziallehre verweist aber auch immer wieder auf die Notwendigkeit einer breiten Eigentumsstreuung, auch an den Produktionsmitteln. Es sollen angesichts des enormen Kapitalbedarfes in der hochtechnisierten Wirtschaft Teile des wachsenden Kapitalbedarfes aus den Masseneinkommen kommen: Wie immer dies auch organisiert wird — über Aktien, Investmentzertifikate oder Genußscheine etwa oder auch andere Formen des Wertpapiersparens —, all das kann dem Ziel einer breiten Eigentumsstreuung ebenso dienen wie der Gewinnung ausreichender Finanzierungsmittel für die arbeitsplatzsichernden und neue Arbeitsplätze schaffenden Investitionen.

Schon die Enzyklika „Rerum novarum“ 1891 hatte auf die notwendige gegenseitige Verbindung von Kapital und Arbeit hingewiesen. „Quadragesimo anno“ folgt diesen Überlegungen und lehnt auf jeden Fall einseitige Kapitalkonzentrationen ab. Das Ziel einer breiten Eigentumsstreuung wird besonders deutlich in „Mater et magistra“. „Pacem in terris“ verweist auf die Notwendigkeit, daß das Kapital die Arbeit suchen solle.

„Populorum progressio“ stellt die Notwendigkeit einer auf die Finanzierungskraft der Entwicklungsländer abgestellten Anleihepolitik deutlich heraus.

Alle diese staatlichen und internationalen Maßnahmen, die im Zuge der Verwirklichung der aufgezeigten Ziele erforderlich sind, ändern nichts an der Grundtatsache, daß jede Investition im einzelnen Unternehmen geplant und innerhalb des betrieblichen Entscheidungsvorganges bestimmt sein muß. Andernfalls ist letztlich auch die Existenz des Unternehmens selbst in Frage gestellt.

Immer wieder wird — auch in der neuen Sozialenzyklika „La-borem exercens“ — der Gedanke der Zusammenarbeit der Arbeitgeber und -nehmer herausgestellt.

Die westlichen, mehr marktwirtschaftlich geordneten Volkswirtschaften haben — und dies wohl ganz im Sinne auch eines katholischen Sozialdenkens — dem Freiheitsprinzip immer einen bedeutsamen Vorrang eingeräumt: In diesem Sinn geht es eben auch um freie und eigenverantwortliche Investitionsentscheidungen. Direkte Investitionsförderungsmaßnahmen können den freien Entscheidungsspielraum da und dort einengen, wenn sie zu punktuell gezielt sind, vor allem, wenn sie wie derzeit Schwerpunkte nach Wirtschaftszweigen setzen. Direkte Förderungsmaßnahmen müßten, wenn die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet sein soll, zumindest auf die gesamte Wirtschaft und nicht auf einzelne Sektoren abgestellt sein.

Der Autor ist Professor für Gesellschaftspolitik und politische Theorie in Wien.

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