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Förderungsäpfel und Besteuerungsbirnen

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PRO Die Kritik an der Neut -IVV- regelung bei der Familienbesteuerung ist absurd. Besonders Großfamilien haben Grund zur Freude. Man muß nur den Rechenstift zur Hand nehmen.

Im Zusammenhang mit dieser Neuregelung von einem „Nullsummenspiel" (FURCHE 16/1992) zu reden, zeugt von mangelhafter Information oder Böswilligkeit. Denn ein Anger stellter mit brutto 17.857 Schilling monatlich hat heute ein Netto von 13.613,88 Schilling (bei drei Kindern) und bekommt durch die neue „Mehr-Kinder-Staffel" ab 1. Jänner 1993 um 13.867 Schilling pro Jahr mehr Geld auf die Hand. Praktisch ein 15. Monatsgehalt. Es ist gelinde gesagt ein Nonsens, wenn behauptet wird, daß „die neue Kinderstaffel bei den Absetzbeträgen durch den Verzicht auf die Kinderstaffel bei den Sonderzahlungen erkauft wird". Denn die Kinderstaffel bei den Sonderzahlungen ist in ihrer Struktur ungerecht und bringt auch wesentlich weniger.

Die Tabelle 1 (Beispiel: Alleinverdiener, 25.000 Schilling brutto) zeigt, daß bisher die Begünstigung bei den Sonderzahlungen für das erste Kind am stärksten ausfällt (1.660 Schilling), während das vierte Kind keine Steuerermäßigung mehr bringt. Im neuen System beträgt der Kinderab-setzbetrag 4.200 Schilling für das erste Kind, aber das Doppelte, nämlich 8.400 Schilling für das vierte Kind. Die Position der dritten und vierten Kinder verbessert sich ganz gewaltig.

Das ist ja der eigentliche Erfolg: in Zukunft gibt es für das zweite, dritte und vierte Kind nicht weniger, sondern mehr (!) Geld. Es ist daher auch unsinnig, von einem Wermutstropfen zu sprechen, weil die Kinderermäßigung bei der Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes wegfällt. Die Kinderstaffel bei den neuen Absetzbeträgen bringt bei Gegenrechnung aller bisherigen Begünstigung beachtliche Verbesserungen, wobei die Erhöhung pro weiterem Kind in der Familie progressiv von 740 Schilling bis 6.600 Schilling ansteigt.

Eine Alleinverdiener-Familie mit vier Kindern, 25.000 Schilling brutto im Monat (Tabelle 2), bekommt im Jahre 1993 jedenfalls um 17.610 Schilling mehr ins Familienbudget als heuer. Quasi ein weiteres Monatsnet-to allein aus dieser Neuregelung. Selbst bei einem Jahreseinkommen von einer Million Schilling ergibt die Neuregelung einen Vorteil zwischen 1.200 Schilling und 4.200 Schilling im Jahr bei zwei Kindern. Mit steigender Kinderzahl steigt auch bei diesem Einkommen der Vorteil aus der Neuregelung.

Was bringt die Neuregelung einem Alleinverdiener mit dem Mindesteinkommen von 10.714 Schilling und drei Kindern? In dieser Einkommensgruppe gibt es viele Familien, die aus Informationsmangel nie den 200-Schilling-Zuschlag zur Familienbeihilfe beantragt haben und die daher durch die Neuregelung auf ein Plus von 14.724 Schilling im Jahr kommen. Das ist mehr als ein ganzes Monatseinkommen dieser Familie. So wirkt die neue „Mehr-Kinder-Staffel".

Bis 1986 gab es keinen Kinderab-setzbetrag im Steuerrecht. Ab 1987 wurde ein Jahres-Absetzbetrag von 600 Schilling wieder eingeführt. Für das erste Kind genauso viel wie für das dritte Kind. Mit dem ab 1. Jänner 1993 wirksam werdenden Familienpaket beträgt der Kinderabsetzbetrag für das dritte Kind 8.400 Schilling. Die Kinderermäßigung wurde also für das dritte Kind innerhalb von sechs Jahren um das 14fache erhöht. Ich kenne keine familien- oder sozialpolitische Leistung, die in einem ähnlichen Ausmaß verbessert worden wäre.

Dafür habe ich jahrelang gekämpft. Dank des Einsatzes von Familienministerin Ruth Feldgrill-Zankel und von Staatssekretär Johannes Ditz kommt es nun endlich zu dieser gerechten Anerkennung der 35.000 Familien mit drei und mehr Kindern in der Steiermark (155.000 Familien in Österreich). Wir haben Grund zur Freude.

Der Autor is! Abgeordneter zum Nationalrat und Vizepräsident des Österreichischen Familienbundes.

KONTRA lienpaket ist geschnürt. 97 Prozent der Familien sollen Vorteile daraus ziehen, mehr als zwölf Milliarden Schilling soll es kosten und dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes damit entsprochen werden.

Was ist geplant? Äpfel und Birnen soll man bekanntlich nicht miteinander vermischen. Auch in der Familienpolitik sollte man genau beachten, was was ist.

Mit diesem Familienpaket werden zwei verschiedene Bereiche berührt. Nach Ansicht des Finanzministeriums stellt der Alleinverdienerabsetzbetrag das Existenzminimum des nicht erwerbstätigen Ehepartners dar. Daß dieses mit 4.000 Schilling zu gering bemessen ist, wurde wiederholt kritisiert. Im Koalitionsabkommen ist die Anhebung um 1.000 Schilling vereinbart. Im übrigen ist auch eine diesbezügliche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch ausständig. Um diese 1.000 Schilling wird der Alleinverdienerabsetzbetrag erhöht. Programmgemäß.

Der bestehende Alleinerhalterab-setzbetrag, ebenfalls 4.000 Schilling, wird in Alleinerzieherabsetzbetrag umbenannt und ebenso um 1.000 Schilling erhöht.

Wirklich neu ist, daß jene Alleinverdiener und Alleinerzieher, die wegen ihres niedrigen Einkommens die Absetzbeträge nicht in Anspruch nehmen konnten, nunmehr eine Steuergutschrift bis 2.000 Schilling von den Finanzämtern ausbezahlt bekommen sollen. Diese Steuergutschrift ist eine Ursache, warum bei den Rechnungen des Finanzministerium, die die Grundlage für die positive Darstellung des Paketes in den Medien bildeteten, für die Familien scheinbar keine Verluste eintreten.

Die anderen Maßnahmen betreffen die Kinder, bei denen der Verfassungsgerichtshof kritisiert hatte, daß die Ungleichbehandlung jenes Ausmaß überschreitet, das ohne Vorwurf der Diskriminierung unterhaltspflichtiger Eltern hingenommen werden könnte.

Es wird ein Kinderabsetzbetrag in der Höhe von 350 Schilling für das erste, von 525 Schilling für das zweite und von 700 Schilling für jedes weitere Kind monatlich eingeführt. Wie bisher erhalten jene, die zu wenig Steuer bezahlen, diesen Kinderabsetzbetrag in voller Höhe ausbezahlt. Der in einer weiteren Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) geforderten steuerlichen Berücksichtigung von Alimentationsleistungen für Kinder wird mit einem eigenen Kinderabsetzbetrag für den Unterhaltspflichtigen Rechnung getragen.

Mit Recht wurde nun bereits kritisiert, daß in diesem Fall der Unterhaltspflichtige und der für die Kinder Sorgende den Kinderabsetzbetrag erhalten, also für ein Kind zweimal der Absetzbetrag geltend gemacht werden kann und diese Regelung als ehefeindlch bezeichnet. Das Finanzministerium begründet dies mit der VfGH-Logik. Unverständlich bleibt, warum hier die VfGH-Logik bemüht wird, bei den Kinder in aufrechter Ehe aber nicht.

Rund sieben Milliarden Schilling des Paketes werden durch „Umschichtungen" finanziert, etwa fünf Milliarden Schilling sollen aus dem Budget kommen. Dies hat zu Äußerungen geführt, daß die Kinderlosen um die angekündigte allgemeine steuerliche Erleichterung umfallen könnten. Im übrigen müssen diese Budgetmittel zu zwei Drittel vom Bund und zu einem Drittel von Ländern und Gemeinden aufgebracht werden.

Der Kinderzuschlag zum Allein-verdiener/Alleinerhalterabsetzbetrag fällt weg, das sind 150 Schilling pro Kind und Monat, macht 1,8 Milliarden Schilling. Der Zuschlag zur Familienbeihilfe, das sind 200 Schilling pro Kind und Monat für Bezieher niedriger Einkommen wird ebenfalls gekappt, macht 750 Millionen Schilling. Außerdem soll die vom Nationalrat bereits beschlossene Erhöhung der Familienbeihilfe um 50 Schilling pro Kind per 1. Juli 1992 nicht erfolgen, macht 1,1 Milliarden.

Außerdem soll es in Hinkunft keinen Erhöhungsbetrag für Kinder bei den Sonderausgaben mehr geben. Das waren bisher 5.000 Schilling pro Kind, jedoch konnte seit der Steuerreform 1988 nur mehr die Hälfte der bezahlten Beträge steuersparend abgesetzt werden. Je nach Steuertarif waren dies nun zwischen 46 und 105 Schilling pro Kind und Monat.

Schließlich sollen auch der 13. und 14. Bezug generell mit sechs Prozent besteuert werden. Dies bedeutet den Wegfall von 517 Schilling jährlich (bei einem Kind, Alleinverdiener 150.000 Schilling Jahreseinkommen) und beispielsweise 8.061 Schilling (drei Kinder, Alleinverdiener, eine Million Schilling Jahreseinkommen). Diese Umschichtung summiert sich auf 2,5 Milliarden Schilling.

Summiert man diese „Umschichtung", fallen damit pro Kind 200 Schilling aus Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfeerhöhung weg. Bei den niedrigen Einkommen fehlen weitere 200 Schilling pro Kind und Monat durch den Wegfall des Zuschlages bei der Familienbeihilfe, bei den mittleren und höheren Einkommen zwischen 100 und 300 Schilling pro Kind und Monat durch die Streichung der Sonderausgaben und der Kinderstaffel bei den sonstigen Bezügen.

Richtig ist, daß bei vielen Familien Vorteile aus der Veränderung des Alleinverdienerabsetzbetrages entstehen. Auch die Mehrkinderstaffel ist lobenswert. Aber der VfGH hatte die steuerliche Belastung unterhaltspflichtiger Eltern im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen derselben Einkommenshöhe als gleichheitswidrig festgestellt. Wird diesem VfGH-Ent-scheid entsprochen? Nur sehr bedingt.

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