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Forschung als Krisenloser

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In den USA forschen nicht nur die Großunternehmen. 25 Prozent der Aufwendungen entfallen auf kleinere Betriebe. Allerdings gibt es entsprechende Förderung, vor allem aber Risikokapital.

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In den USA forschen nicht nur die Großunternehmen. 25 Prozent der Aufwendungen entfallen auf kleinere Betriebe. Allerdings gibt es entsprechende Förderung, vor allem aber Risikokapital.

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Jüngst veröffentlichte Zahlen der National Science Foundation zeigen, daß die hierzulande gerne kolportierte „Forschungsmüdigkeit” in den USA seit Jahren überwunden ist. Zwar gehen seit Ende der sechziger Jahre die For-schungs- und Entwicklungsausgaben der amerikanischen Bundesregierung real zurück, was sich hauptsächlich durch Kürzungen im Bereich der Rüstungsforschung sowie des Raumfahrtprogramms erklärt.

Im Gegensatz dazu intensiviert jedoch die amerikanische Industrie Forschung und Entwicklung (F & E) stetig, weil sie die Innovation als wichtigsten Ausweg aus der wirtschaftlichen Rezession betrachtet.

Wenngleich der 1964 verzeichnete Maximalanteil der Forschungsausgaben am Industrieumsatz (4,6 ProzAnt) nicht mehr erreicht wurde, blieb doch seit 1974 dieser „Forschungsfaktor” genannte Anteil mit etwa 3,1 Prozent stabil (zum Vergleich: die österreichische Industrie gibt derzeit rund 2 % ihres Umsatzes für die Entwicklung neuer Produkte oder Verfahren aus). 1980 betrugen die F & E-Ausga-ben der amerikanischen Industrie insgesamt fast 725 Milliarden

Schilling und erreichten damit rund 70 Prozent der Gesamtforschungsausgaben der USA. Gegenwärtig beschäftigt die amerikanische Industrieforschung fast eine halbe Million Menschen.

Die Forschungsausgaben der 20 innovationsfreudigsten US-Eir-men — an der Spitze General Motors, Ford, IBM, Boeing und General Electric — ergeben zusammen die imponierende Summe von 215 Milliarden Schilling. Die Firma Kodak allein gibt mit rund 8,6 Milliarden Schilling etwa gleich viel für Forschung und Entwicklung aus wie die gesamte österreichische Industrie.

Trotzdem entfällt auf die 20 In-novationsleader nur ein schwaches Drittel der Gesamtausgaben der amerikanischen Industrie für Innovation, da gerade in den Vereinigten Staaten auch Mittel- und Kleinbetriebe stark innovativ sind. Namentlich die rund 10.000 forschenden Kleinbetriebe spielen eine weitaus größere Rolle als es ihrem bescheiden erscheinenden Anteil von 6 Prozent an den Gesamtforschungsausgaben der Industrie entspricht.

Zwischen 1953 und 1973 konnten Firmen unter 100 Beschäftigten ein Viertel und Firmen zwischen 100 und 1.000 Beschäftigten ein weiteres Viertel der größeren Innovationen für sich verbuchen.

Die Innovationserfolge kleinerer und mittlerer Betriebe in den

USA dürften einerseits auf die große Anzahl von Neugründungen durch Industrieforscher zurückgehen, die von Großfirmen „abgesprungen” sind, um sich mit dem dort gewonnenen Know-how selbständig zu machen.

Andererseits können solche Firmen mit'einem großen, für Innovationen stets aufgeschlossenen Binnenmarkt rechnen, haben also nicht das Handikap europäischer Firmen, die praktisch zum Export gezwungert sind, um ihre Forschungsaufwendungen in absehbarer Zeit wieder einzuspielen. Schließlich können technologieintensive Kleinbetriebe auch mit einem funktionierenden privaten Risikokapitalmarkt rechnen.

Uberdurchschnittlich hohe Forschungsausgaben zeigen die Computer- und Büromaschinenhersteller (rund 12 Prozent des Umsatzes), sowie die Produzenten von Flugzeugen und Raketen (11 Prozent), Elektroausrüstun-gen (6 Prozent) und Motorfahrzeuge (5 Prozent).

Die Energieforschung hat sich zwischen 1972 und 1980 real verdreifacht, scheint sich jedoch nunmehr der durchschnittlichen Wachstumsrate anzupassen.

Die amerikanische Industrie, die 1959 noch fast 60 Prozent ihrer F & E-Ausgaben durch staatliche Forschungsaufträge decken konnte, kommt heute auf eine staatliche Finanzierungsquote von „nur mehr” 30 Prozent ihrer Forschungsausgaben.

Im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland (12 Prozent) und Österreich (6 Prozent) erscheint dieser Anteil der öffentlichen Mitfinanzierung, der hauptsächlich durch Forschungsaufträge im Zusammenhang mit dem Space Shuttle, der Raketen- sowie der Energieforschung zustandekommt, recht beachtlich.

Außerdem können seit einigen Jahren auch im Rahmen der ursprünglich zur Förderung der Grundlagenforschung gegründeten National Science Foundation (NSF) Forschungsprojekte von Kleinfirmen mit hohem Innovationsgehalt gefördert werden. Die NSF fördert j edoch nur die risikoreiche Anfangsphase.

Die eigentliche Produkt- oder Verfahrensentwicklung sowie die Markteinführung müssen durch Finanzierungszusagen von Banken, zu denen in den USA viel größere Bereitschaft besteht als in Europa, abgedeckt werden. Die ständig steigenden Forschungskosten bereiten allerdings auch amerikanischen Unternehmen zunehmend Sorgen.

Amerikanische Managementexperten sind der Meinung, daß es in den nächsten 15 bis 20 Jahren für amerikanische multinationale Unternehmen vorteilhaft sein dürfte, auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu ihren Tochterunternehmen in der Dritten Welt zu verlagern.

Dr. Konrad Ratz ist Geschäftsführer des For-schungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft.

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