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Forsdiungsmilliarden gesucht

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Um die Versicherung, daß Bildung und Forschung zu den Schwerpunkten ihres Programms gehören würden, kommt auch in Österreich schon seit wenigstens sieben Jahren keine Regierung mehr herum. Ebensowenig um die Anerkennung des Rechts auf Bildung, um die Feststellung, daß nur eine intensive Forschung helfen könne, auch die Wirtschaft in Schwung zu halten, um Zielvorstellungen, ob sie nun 80.000 Studenten für 1980 oder einen Anteil von zwei Prozent des Bruttonationalproduktes für Forschung und Entwicklung vorsehen.

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Um die Versicherung, daß Bildung und Forschung zu den Schwerpunkten ihres Programms gehören würden, kommt auch in Österreich schon seit wenigstens sieben Jahren keine Regierung mehr herum. Ebensowenig um die Anerkennung des Rechts auf Bildung, um die Feststellung, daß nur eine intensive Forschung helfen könne, auch die Wirtschaft in Schwung zu halten, um Zielvorstellungen, ob sie nun 80.000 Studenten für 1980 oder einen Anteil von zwei Prozent des Bruttonationalproduktes für Forschung und Entwicklung vorsehen.

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Was diese Versicherungen aber konkret in Zahlen, in Summen, in Geldbeträgen bedeuten, darauf kommt man erst jetzt, nachdem es endlich gelungen ist, durchzurechnem, was die Universitäten und Hochschulen für ihren Ausbau, was die Forschung für ihre Intensivierung brauchen wird. Zehnjahrespläne sind in Ausarbeitung — die Zahlen scheinen utopisch. Da sie aber aufgebracht werden müssen und ihre Begründung außer Zweifel steht, wird dar Finanzminister nicht diarum herumkommen, sich für ihre Bedeckung etwas einfallen zu lassen.

Da ist zunächst das Ausbauprogramm der Hochschulen. Die vorliegenden Berechnungen hat der Innsbrucker Architekturprofessor Alfred Wanko schon 1969 durchgeführt. Er kam auf einen zusätzlichen Flächenbedarf von rund 300.000 Quadratmetern Bruttonutzfläche oder 1,8 Millionen Kubikmeter umbauten Raums. Das bedeutet 3,6 Milliarden Schilling, dazu die Renovierung von 30.000 Quadratmeter Nutzfläche, macht vier Milliarden — nach den Preisen von 1969.

Aber Wanke hatte nur den Hörerstand von 1969 gerechnet; er hatte auf die laufenden Preissteigerungen keine Rücksicht genommen; er hatte weder die fünf kleinen Hochschulen noch die fünf Kunsthochschulen, noch die damals noch nicht existente Klagenfurter Hochschule mitein- bezogen, und schon gar nicht die Raumerfordemisse, die zwangsweise aus den beabsichtigten Strukturänderungen im Zug der Hochschulreform erwachsen werden.

Unter diesen Aspekten scheint die Summe von fünf Milliarden Schilling, die die Rektorenkonferenz auf Grund der Wanko-Kalkulationen als Minimum nannte, eher knapp berechnet. Hierin ist auch noch nicht berücksichtigt, daß die Universität Salzburg eine Medizinische Fakultät erhalten soll — Kostenpunkt rund drei Milliarden, von denen allerdings das Land etwa 60 Prozent wird aufbringen müssen.

Da ist weiter der Bedarfsplan der Forschung, wenn sie auf den Zielsatz von zwei Prozent BNP gehoben werden soll. Der Forschungsbericht der Bundesregierung kommt auf gute vier Milliarden, die in den nächsten fünf Jahren aufgebracht werden müßten, davon mehr als die Hälfte für die beiden Forschungsförderungsfonds, der Rest für die Forschungsvorhaben und -einrich- tungen der anderen Ressorts.

Münzaktion

Aber woher nehmen? Auch auf zehn Jahre aufgeteilt, bedeuten Summen dieser Größe Belastungen, die das ohnehin ständig überstrapazierte Budget auf keinen Fall bewältigen kann — und auch gar nicht bewältigen soll, denn alle diese Summen bedeuten Investitionen in die Zukunft, von denen die nächsten Generationen bereits merkbar ihren

Vorteil habien werden. Also kann man sie zum Mittragen heranziehen.

Forderungen stellen ist leicht, aber nur selten machen sich die Fordernden die Mühe, auch praktische Bedeckungspläne vorzulegen. Die Rektorenkonferenz tat dies — mit dem Nachdruck der Autorität der zuständigen Wirtschaftswissenschaftler; als ihr Wortführer fungierte der Grazer Prorektor und Nationalökonom Karl Lechner.

Vor allem zwei Wege sieht Lechner als gegeben: die Hochschulanleihe und die Universitäts-Münzaktion. Der Kapitalmarkt müßte imstande sein, über 10 Jahre hinweg jährlich 500 Millionen für diese Zwecke aufzubringen, deren Verzinsung und Tilgung über 25 Jahre hinweg nur vom neunten bis zum 13. Jahr Summen von mehr als 500 Millionen — im Jahr der stärksten Belastung 578 Millionen — vom Staat erfordern würde. In den ersten vier Jahren, in denen die Budgetlage am stärksten angespannt sein wird, bliebe die Belastung unter 300 Millionen.

Die österreichischen Silbermünzen zu 25 und 50 Schilling erfreuen sich seit langem vor allem bei ausländischen Sammlern und als Souvenirs größter Beliebtheit. Auch eine 100-Schilling-Münze, deren Kommen angesichts ähnlich hoher Nennwerte im Ausland für die nächsten Jahre als sicher vorauszusetzen ist, würde zu einem überwiegenden Teil im Ausland Unterkommen. Nun durch zehn Jahre hindurch jährlich eine 100-Schilling-Sondermünze aufgelegt, jeweils einer österreichischen Universität oder einem Bundesland gewidmet, in einer Auflage von drei Millionen Stück, müßte einen jährlichen Prägegewinn von 200 Millionen ergeben, der dem Hochschulausbau zufließen könnte, ohne daß der Fiskus davon belastet wäre. (Der Finanzminister müßte lediglich verzichten, diesen Prägegewinn für andere Zwecke zu verwenden, was bei der bisherigen Ablehnung offenbar im Hintergrund stand.)

Zwei plausible, praktikable Vorschläge, deren Brauchbarkeit von allen Fachleuten bestätigt wird. Natürlich ginge es auch anders — mit einer Zwecksteuer etwa, aber das wäre noch viel weniger populär, als Anleihe oder Münzaktion. Wenn aber diese nicht, dann soll man sich was einfallen lassen. Ohne die Milliarden geht es nicht.

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