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FPÖ: Alles für nichts

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Alle Parteien sind gegen parteipolitischen Postenschacher: Aber seit die Freiheitlichen in der Regierung sitzen, hat auch ihre Personalpolitik eine neue Qualität erhalten.

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Alle Parteien sind gegen parteipolitischen Postenschacher: Aber seit die Freiheitlichen in der Regierung sitzen, hat auch ihre Personalpolitik eine neue Qualität erhalten.

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Im Spätsommer 1973 stand an einer Ecke der Mariahilfer Straße Helene Partik, um im blauen Dreß für die FPÖ „reinen Wein einzuschenken“. Drei Jahre davor warb die ehemalige Sekretärin in der ÖVP-Bundesparteileitung noch im grünen Hostessengewand für einen Wahlsieg der ÖVP und ihres Spitzenkandidaten.

Seit Anfang 1986 ist Manfred Frey Finanzlandesdirektor von Wien. Frey war beim Cartellver-band, arbeitete in der ÖVP mit und trat später dem Allgemeinen österreichischen Bauernverband bei. Diese Organisation versteht sich als eine Art von „Bauerngewerkschaft“ und gilt als FP-nahe.

Frey ist ein enger Freund von Norbert Steger. Sein Aufstieg

zum Finanzlandesdirektor (gegen die Konkurrenz von dienstälteren Bewerbern) ist Teil der inoffiziellen Koalitionsabsprachen zwischen SPÖ und FPÖ.

Im Frühjahr 1981 verhandelten Bruno Kreisky und Norbert Steger über den Preis für die FP-Zu-stimmung zur Bestellung von Hannes Androsch zum Generaldirektor der Creditanstalt. Kreisky ließ sich damals die Gründung einer Kommission „zur Objektivierung der Postenvergabe für staatliche Unternehmungen“ unter Beteiligung der FPÖ abringen. Damit wurde der Grundstein für die Karriere von FP-Sympa-thisanten im staatlichen Bereich gelegt.

Heute gibt es in der SPÖ nicht wenige hohe Funktionäre, denen der politische Postenschacher mit der FPÖ äußerst zuwider ist. „Die schlagen maßlos arrogante Leute mit schlechter Qualifikation vor.“

Ein Intimus von Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager, Erich Reiter, wurde zum Leiter der Rechts- und Präsidial-

abteilung im Bundesministerium für Landesverteidigung bestellt. Reiters Eignung für diese Funktion wird amtlich bestritten.

Frischenschlagers ministerielles Vorzimmer ist eine Art Auffanglager nationaler Bannerträger. Vor diesem Hintergrund müssen Frischenschlagers Handschlag mit Walter Reder und die Anbringung einer Gedenktafel für den als Kriegsverbrecher hingerichteten Alexander Lohr genauso wirken, wie sie gedacht sind: Als Akte der Versöhnung und der Wiedergutmachung mit den „Helden“ des Nationalsozialismus.

Norbert Stegers Personalpolitik wird auch von anderen Uber-legungen bestimmt. Da er entgegen seinen Versprechungen nicht und nicht bereit ist, seinen Platz im Nationalrat für den Wiener Gemeinderat Rainer Pawkowicz freizumachen, hat er für seinen Parteifreund eine Abteilung im Handelsministerium neu eingerichtet. Pawkowicz, der bislang sein Interesse für den Fremdenverkehr gut verbergen konnte, wird künftig für „Internationale Belange des Fremdenverkehrs“ im Handelsministerium zuständig sein.

In diesem Ministerium übernimmt eine ehemalige AHS-Leh-rerin die Leitung der Förderungsabteilung, und ein Wohnwagenverkäufer wird künftig für bessere Kontakte zwischen der

Verbundgesellschaft und dem Handelsministeriumsorgen.

In Wien befindet sich die FPÖ in Meinungsumfragen noch innerhalb der Wahrnehmungsschwelle, aber jenseits aller Chancen auf einen Platz im Gemeinderat. Auf Bundesebene würde die FPÖ unter den gegebenen Verhältnissen etwa ein Drittel ihrer Wähler verlieren, auf jeden Fall aber unter die Vier-Prozent-Marke kommen.

Postenschacher

Bei einer gemeinsamen Kandidatur von grünen und alternativen Gruppen wäre es mit der FPÖ als „dritte Kraft“ vorbei. Wahrscheinlich würde sie dann nur noch die Hälfte der Stimmen bekommen, die auf grüne und alternative Gruppen zusammen entfallen.

Hat sich auch die FPÖ nicht von einer deutsch-nationalen zu einer liberalen Partei weiterentwickelt, hat sie in einer Koalitionsregierung mit der SPÖ auch nicht den Aufstieg zu einer Partei mit wirtschaftlicher Kompetenz geschafft, so muß man der FPÖ doch unglaubliches Talent im Postenschacher bescheinigen.

Dieses Talent scheint durch keinerlei Rücksichtnahme auf politische Kultur und Kostspieligkeit behindert, es kann und darf sich entfalten, so als wäre das die selbstverständlichste Sache der Welt. Die politische Rolle der FPÖ scheint sich heute darauf zu beschränken, Posten zu erfinden und Posten zu vermitteln.

Seinerzeit, im Frühjahr 1981, legte der FPÖ-Anwalt Peter Wra-betz für die von Kreisky und Steger eingerichtete Kommission „zur Objektivierung der Postenvergabe für staatliche Unternehmungen“ ein „Sofortprogramm“ vor, das in zehn Punkten mit dem politischen „Postenschacher“ aufräumen wollte.

Geschäftsführer und Vorstandsposten sollten öffentlich ausgeschrieben werden, Aufsichtsratmitglieder sollten in wirtschaftlichen Fragen fachlich vorgebildet sein, Vorstände, die zum erstenmal bestellt werden, dürften bloß Zweijahresverträge erhalten, und die Parteien sollten auf ihre Parteisteuern von „ihren“ Managern verzichten.

Norbert Steger versprach damals treuherzig, daß er den Eintritt der FPÖ in eine Bundesregierung davon abhängig machen werde, ob dieses „Zehn-Punkte-Programm“ zum Gesetz erhoben wird. Doch davon ist heute langst nicht mehr die Rede.

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