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FPÖ sucht nun auch neues Verhältnis zu den Kirchen

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Was wäre die FPÖ, was wäre ihr Obmann Norbert Steger, gäbe es nicht den A KH-Skandal? Diese A ntwort blieb der FPÖ-Bundesparteitag am 20. und21. September in Linz schuldig. Die „Kameradinnen und Kameraden" freuten sich über den AKH-bedingten A ufwind und statteten dankbar Steger mit überraschend hohem Vertrauen aus: 367 von437 stimmberechtigten Delegierten votierten für ihn. Nur für 51 war er nicht „ihr Mann quot;.

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Was wäre die FPÖ, was wäre ihr Obmann Norbert Steger, gäbe es nicht den A KH-Skandal? Diese A ntwort blieb der FPÖ-Bundesparteitag am 20. und21. September in Linz schuldig. Die „Kameradinnen und Kameraden" freuten sich über den AKH-bedingten A ufwind und statteten dankbar Steger mit überraschend hohem Vertrauen aus: 367 von437 stimmberechtigten Delegierten votierten für ihn. Nur für 51 war er nicht „ihr Mann quot;.

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Im Augenblick ist der Erfolg die einigende Klammer der FPÖ. Was aber, wenn wieder der politische Alltagstrott in der Nach-Skandalzeit beginnt?

Für diese Zeit'wollen sich die Freiheitlichen nach innen und außen ein neues Profil geben. Seit dem Linzer Parteitag zirkuliert im blauen Lager eine Kurzfassung des vor sieben Jahren niedergeschriebenen „Freiheitlichen Manifestes zur Gesellschaftspolitik", das selbst wieder auf dem Bad Ischler Parteiprogramm des Jahres 1968 aufbaut.

Der Startschuß „für eine einjährige inhaltliche Diskussion in der Gesamtpartei" (Steger) fiel im exklusiven Kreis. Am Parteitag selbst gelangten nur Vorstandsmitglieder in den Besitz-der fünfseitigen Kurzfassung, die von einem Arbeitskreis unter dem Vorsitz des Jungmandatars Jörg Haider in den letzten Monaten erarbeitet wurde.

Worum es aber geht, versuchte Parteiobmann Steger den Delegierten schon in Linz klarzumachen: Nämlich darum, „auf unseren Grundsätzen aufbauend, eine Weiterentwicklung unserer gesamten Gesinnungsgemeinschaft vorzubereiten, die es ermöglicht, weit über die sechs Prozent eines Tages hinausgehend, politischen Einfluß zu erlangen".

In einem Vergleich der Grundsatzprogramme der österreichischen Parteien durch die beiden Politologen Albert Kadan und Anton Pelinka* schneidet die FPÖ auch nicht gerade ruhmreich ab: Am nach wie vor gültigen Ischler Programm wird kritisiert, daß es viele Gemeinplätze sowie inhaltsleere Allerwelts- und nur vage Wunschformeln enthält.

Aber auch dem darauf aufbauenden Manifest werden Mängel angekreidet. Zum Beispiel: Es enthalte keine Stelle, welche die Partizipation als eigenständigen Grundwert heraushebt. Und -was besonders schwer wiegt - es fehle ^im Vergleich zu den Programmen von ÖVP und SPÖ) eine Verdeutlichung bzw. genaue Deutung des Demokratiebegriffes.

Obwohl Programm-Denker Haider die „subjektiven Aussagen" der Politologen allgemein nicht unterschreiben will, steht er nicht an, freiheitliche Programmschwachstellen einzubekennen. Vor allem auch jene, „daß wir keine Aussagen zu den Grundwerten selbst und ihre Rangordnung haben".

Dies soll jetzt nachgeholt werden. Zwar geht es offiziell einmal um eine Manifest-Kurzfassung, doch „könnte es sich im Zuge der Diskussion ergeben, daß es unter Umständen zu einer Programmreform kommen müßte".

Und manches deutet darauf hin, daß es dazu kommt. So findet sich etwa in der Kurzfassung eine Betonung der Partnerschaft in der Gesellschaft, wie sie Programm und Manifest in dieser Deutlichkeit fremd ist. „Die Kurzfassung berücksichtigt eben den aktuellen Entwicklungsstand", begründet Haider die Anerkennung der Partnerschaft als Konfliktlösungsmodell im Arbeitspapier.

Und zur Partizipation meint der Kärntner Jungpolitiker: „Wir sollten die ersten sein, die sich bemühen, das herauszustellen."

Zwar war die Volkspartei früher dran, doch dürfte die FPÖ nachziehen. Weil, findet Haider, es gerade für ein freiheitliches Programm sonderbar sei,

diesen Grundwert nicht als solchen anzuerkennen.

Insgesamt soll das FPÖ-Wollen nach der einjährigen Diskussion, die „keine elitäre oder intellektuelle Spielerei bleiben" darf, weniger verschwommen sein.

Den Manifest-Reformern scheint eine klarere Fassung notwendig, „weil wir dann weniger Interpretationen ausgesetzt, für die Positionsbestimmung einschätzbarer und für uns meßbarer sind". Zentraler Wert bleibe die persönliche Freiheit durch Selbstbestimmung „im Rahmen einer Ordnung".

Aus dem Bekenntnis zu einer „offenen Gesellschaft" heraus will die FPÖ künftig auch ein neues Verhältnis zu den Kirchen suchen.

Das langjährige Nicht-Verhältnis ist nach Haiders Meinung „nicht haltbar, weil wir ja im gesellschaftlichen Bereich wertorientierte Entscheidungen jedes einzelnen voraussetzen, die er ja irgendwo herleitet".

Grundsätzlich soll zwar die klassische Formel der Trennung von Kirche und Staat beibehalten werden, doch ist es für den FPÖ-Jungpolitiker „gar keine Frage, daß es zu einem neuen Verhältnis kommen wird".

Immer mehr Gemeinsamkeiten, betonen Befürworter einer solchen Entwicklung, kämen zum Ausdruck, Maxime des Lebens ebenso wie soziale Wertvorstellungen. Bisher sei dieses Problem verdrängt worden, jetzt wolle man es parteiintern ausdiskutieren. Dazu gibt es auch schon einen offiziellen Auftrag des Parteivorstandes, dieses Gespräch mit den Kirchen zu intensivieren.

Und Haider verweist dabei auf Beispiele in Kärnten und der Steiermark, wo derartige Kontakte schon geknüpft worden sind.

Schließlich soll aber auch der Begriff des freiheitlichen Gesellschaftsbildes „ohne historische Vorbelastung" (Haider) kultiviert werden: „Um die babylonische Sprachverwirrung zu beenden, die wir haben.quot;

• DIE GRUNDSATZPROGRAMME DER ÖSTERREICHISCHEN PARTEIEN. Dokumentation und Analyse. Von Anton Pelinka/Albert Kadan. Verlag NÖ Pressehaus. St. Pölten. 1979. 192 Seiten. öS 245.-.

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