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Fraktionellen rechts, Fraktionellen links

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Nicht nur die Auseinanderseteun-gen um die Hochschulreform und die Diskussion um den kontrover-siellen Entwurf zu einem Universi-tätsanganisationsgesetz (UOG) halten die akademische Öffentlichkeit in Bewegung, sondern auch die kommenden Hochschülerschaftswahlen, die nunmehr endgültig am 14. und 15. Mai stattfinden sollen. Daß der Wahlkampf, der bereits jetzt ausufert, ein unschöner und unsachlich geführter werden wird, kann auf Grund der bereits erfolgten Ankündigungen, Andeutungen, Drohungen und - Akttönen“ “unschwer vorherge^ sagt werden.

So meinte der Vorsitzende des Hauptausschusses der Universität Wien, Karasek, daß die kommenden ÖH-Wahlen die schwierigsten seit 1945 sein werden, da „die ÖH derzeit hoffnungslos zersplittert und der Zentralausschuß durch die Abwahl des Vorsitzenden Schneider an der Spitze so gut wie unbesetzt ist Derzeit wird tatsächlich nur an den Hauptausschüssen (Gliederunigen der österreichischen Hoehschüler-schaft an den jeweiligen Hochschulen und Universitäten) sachliche Arbeit geleistet, da der Zentralaus-schuß (das gesamtösterreichische Gremium) durch Querelen, Fraktionsstreitigkeiten und mangelnde Kooperationsifreudigkeit der nunmehr „regierenden“ Keckeis-Mannschaft lahmgelegt wurde.

Keokeis, der als ehemaliger ÖSU-Mandatar das Mißtrauensvotum gegen Schneider initiiert hatte (siehe FURCHE Nr. 8/75) war kurz darauf mit einigen gleichgesinnten Genossen aus der ÖSU ausgetreten, um die DSU (Demokratische Studenten Union) zu gründen. Diese Splittergruppe hat awar fast keine Mitglieder, da sie nur aus den wenigen von der ÖSU Abgesprungenen besteht, genießt jedoch bei den linken Studentenparteien (VSStö, Kommunistischer Studerrtenverband usw.,usw.) große Sympathie und kann sich mit deren Unterstützung an der Macht halten. Wie die DSU den Wahlkampf angeht, ist mittlerweile klar geworden: die Amtsführung des ehemaligenZA-Vorsitzenden

Sehneider soll durch einen Prüfungsbericht kritisch durchleuchtet werden. Dieser Bericht des Wirtschaftsprüfers liegt nunmehr vor und liefert den Gegnern der ÖSU brisante Wahirminition, denn obwohl von persönlicher Bereicherung nicht gesprochen wird, wird doch der Vorwurf finanzieller Mißwirtschaft erhoben und die „Volksstimme“ vermeldet kryptisch: „Einige Details — wir werden noch darauf zurückkommen — harren nun ihrer gerichtlichen Klärung.“ Was das KP-Organ verschweigt, ist die Tatsache, daß dem Wirtschaftsprüfer, aus dessen flinker Feder der Bericht stammt, schon vor Jahren in Wien die Lizenz entzogen wurde. Das letzte Wort über die „Gebarungskontrolle“ ist daher sichenMch noch nicht gesprochen.

Keinen Mangel wird es auch an wahlwerbenden Gruppen geben. Nach 1945 gab es lange Zeit im wesentlichen vier wahlwerbende Gruppen (ÖSU, RFS, VSStö und VDS); aber schon anläßlich der letzten Wahlgänge zeigte sich der frak-tionäre Spaltpilz, der immer stärker wuchert, so daß für die Wahlen im Mai mit über 10 Studentenparteien (und Wahlgemeinschaften) zu rechnen ist.

Auf der „linken“ Seite bietet sich ein weites Spektrum an: die DSU (als Absplitterung des linken Flügels der ÖSU), die GRM (Gruppe revolutionärer Marxisten), der KSV (Kommunistischer Studentenverband), die LMS (Leninistisch-Marxistischen Studenten) und der VSStö (Venband der Sozialistischen Studenten Österreichs). Diese Gruppen zeigen ich zwar nach Wahlen immer wieder koalitionsbereit, werden aber jede für sich auf Stimmenfang .gehen.

Auf der „Rechten“ hat der RPS (Ring Freiheitlicher Studenten) einen starken Konkurrenten erhalten, die JES (Junge Europäische Studenten), von denen die Ziele der Paneuropa-Union auf Hochschulboden vertreten werden. Daneben gibt es noch eine „Aktion Neue Rechte“, die vielleicht deshalb Morgenluft wittert, weil die „Neue Linke“ nur noch ein alter Hut ist.

Als studentische Servicepartei der „progressiven Mitte“ bietet sich die ÖSU (österreichische Studenten Union) an, die diesen Anspruch nunmehr wieder etwas glaubhafter vertreten kann, nachdem sich der „vulgär-marxistische“ Flügel von ihr abgespalten hat.

Eines der größten Fragezeichen jedoch bleibt die Wahlbeteiligung, die in den letzten Jahren ständig abgenommen hat. Es ist damit zu rechnen, daß gerade die Aufsplitterung der Studentenschaft in zahlreiche Fraktionen und Fraktiönehen beim Studenten einen verwirrenden, ja geradezu abstoßenden Eindruck erwecken wird, wodurch die Entscheidung, sich bei den kommenden Wahlen abstinent zu verhalten, wesentlich erleichtert wird, haben doch die „traditionellen“ Studentenparteien viel von ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt.

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