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Digital In Arbeit

Frauen: Mit Biß 'ran an die Bits

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Gleichberechtigung am Arbeitsplatz: Die neuen Technologien sollen's möglich machen. In Europas Industrienation Nummer 1 gibt's jetzt gezielte Förderung für Frauen.

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Gleichberechtigung am Arbeitsplatz: Die neuen Technologien sollen's möglich machen. In Europas Industrienation Nummer 1 gibt's jetzt gezielte Förderung für Frauen.

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Nicht mehr länger nur die Forderungen nach Gleichberechtigung in Familien- und Berufsleben stehen im Mittelpunkt der Frauenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Die Diskussion ist theoretisch entschieden. Nun gilt es, die Gleichberechtigung zu praktizieren.

Das Gesetz zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung (Babyjahr) ist ein Schritt, der Abbau von Vorurteilen in der Arbeitswelt ein anderer. Denn „sinnvoll ist die traditionelle Aufspaltung in .Männersachen — Frauensachen' längst nicht mehr — weder aus familiären und sozialen Gründen noch aus der Sicht der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik“, heißt es dazu in einer Broschüre des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft.

Wider die Vorurteile, Frauen könnten weniger als Männer und „Frauen und Technik“ sei ein Widerspruch, will man die Zukunftsberufe für Frauen auch oder gerade in technisch und naturwissenschaftlich orientierten Berufen sehen.

Das aber setzt voraus, daß die Frauen ihre Angst und Zurückhaltung gegenüber den neuen Technologien überwinden. Viele Frauen befürchten nämlich noch immer, die system- und datenverarbeitenden Techniken verschlechterten ihre Arbeitsplatzchancen. Das trifft jedoch nur bedingt zu, wenn etwa Betriebe und Verwaltungen gezwungen sind, aufgrund steigender Kosten zu rationalisieren..

Insgesamt arbeiten rund 21 Prozent der Erwerbstätigen „ab und zu“ und 7,6 Prozent „ständig“ mit programmgesteuerten Arbeitsmitteln, konstatiert die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg. Das Verhältnis von Frauen und

Männern in Branchen, die die neuen Technologien einsetzen, ist im Vergleich zum Frauenanteil an den Erwerbstätigen allgemein ausgeglichener. Frauen, sind von der Computertechnik in den Bereichen Elektrotechnik, Textil, Handel, Kredit- und Versicherungswesen betroffen. Und dort arbeitet die Hälfte von ihnen dann in Büros mit EDV-Systemen, ein Viertel in der Datenverarbeitung als solche.

Die Auswirkungen der Mikroelektronik auf die berufstätigen Frauen sind, positiv wie negativ, allerdings nicht unmittelbar in der Technik selbst, sondern in „sozio-ökonomischen Entscheidungsmustern und geschlechtstypischen Einstellungen und Verhaltensweisen“ begründet (Batelle-Frauenstudie).

„Mit Biß an die Bits“ und „Frauen: 'ran an den Computer“ lauten deshalb die Slogans, die die Frauen zum Umgang mit den neuen Techniken ermutigen. Damit Kinder ihren Müttern nicht mehr länger sagen können: „Mama, du hast ja keine Ahnung“, veranstaltet neuerdings ein Verein zur Förderung der Pädagogik der Informationstechnologien (VFPI) unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth Computerkurse für Frauen.

Der Vormarsch der daten- und textverarbeitenden Systeme nimmt nämlich noch lange kein Ende. Stattdessen werden in den Stellenanzeigen immer öfter EDV-Kenntnisse gefordert. Sie sind nach Uberzeugung der Initiatoren von Frauencomputerkursen ein dringend notwendiger Teil der Allgemeinbildung. Diese Meinung vertreten auch die Bundestagsparteien — mit Ausnahme der Grünen.

Der Einsatz neuer Technologien bewirkt zwei grundlegende Veränderungen auf dem Arbeitssektor: einerseits läßt er alte Berufe aussterben, schafft gleichzeitig aber auch neue. Andererseits wird dadurch die traditionelle Teilung in eher männliche und eher weibliche Berufe hinfällig. Neue Beschäftigungschancen entstehen dort, wo der Einsatz neuer Techniken die Muskelkraft ersetzt. Positive Beschäftigungseffekte sind laut neuerer Untersuchungsergebnisse vor allem auch für Montage- und Wartungsberufe sowie im Produktfinishing zu erwarten.

Daneben werden auch heute noch Fachleute der Informationsverarbeitung (Computerfachleute, Ingenieure, Techniker, Datenverarbeitungsfachleute) gesucht. Dieses Berufsfeld jedoch wird von den Frauen nach wie vor nicht genügend angegangen, „obwohl die Arbeitsaufgaben und -bedin-gungen eine Frauenbeschäftigung nicht behindern“, erklärt die Bundesanstalt für Arbeit.

Schließlich können sich Frauen mit EDV-Kenntnissen, die in das Erwerbsleben zurückkehren wollen, wenn ihre Kinder größer sind, gute Möglichkeiten einer Beschäftigung ausrechnen. Und was vielen Müttern außerdem entgegenkommt: mit dem Einsatz neuester Techniken werden mehr Teilzeitarbeitsplätze geschaffen.

Was sich hier so problemlos darstellen läßt, gestaltet sich in der Realität noch recht kritisch. Grundsätzlich bieten die neuen Techniken zwar Chancen für erwerbstätige Frauen. Doch in den Berufen, in denen sich die modernen Technologien häufiger positiv als negativ auswirken, sind die Männer noch 12,2 mal so häufig zu finden wie die Frauen.

Umso vehementer werden Weiterbildungsbestrebungen von Frauen unterstützt, die auf technische Fertigkeiten zielen. Außerdem gilt es nun vor allem, traditionelle Verhaltensmuster schon während der Schulausbildung abzubauen und gezielter auf den Umgang mit den neuen Technologien hinzuführen.

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