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Frauensynode - gemeinsam auf dem Weg

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Etwa zwanzig Jahre ist es her, daß im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils Diözesansyno-den die Mitsprache der Laien verwirklichten. Nun ist die Abhaltung einer gesamteuropäischen Frauensynode geplant, konfes-sionsübergreifend und über Landesgrenzen hinweg. Frauen werden dabei nicht nur theologische und kirchliche Entwicklungen diskutieren, sondern auch die Auswirkungen der Veränderungen in Europa auf ihr Leben. Die Osterreichische Frauensynode Anfang Oktober in Puchberg/ Wels ist ein erster Schritt.

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Etwa zwanzig Jahre ist es her, daß im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils Diözesansyno-den die Mitsprache der Laien verwirklichten. Nun ist die Abhaltung einer gesamteuropäischen Frauensynode geplant, konfes-sionsübergreifend und über Landesgrenzen hinweg. Frauen werden dabei nicht nur theologische und kirchliche Entwicklungen diskutieren, sondern auch die Auswirkungen der Veränderungen in Europa auf ihr Leben. Die Osterreichische Frauensynode Anfang Oktober in Puchberg/ Wels ist ein erster Schritt.

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„Wir erwarten ungefähr 1.000 Frauen bei unserer Zweiten Holländischen Frauensynode im August 1992" meinte Martina Heinrichs, Leiterin des Bildungshauses Kerk en Wereld in Driebergen, Holland. Wir, die Initiativgruppe „Frauensynode-Europa", waren im Mai dieses Jahres in Driebergen, um eine erste gesamteuropäische Frauensynode 1995/96 ins Auge zu fassen und die nötigen Vorbereitungsarbeiten zu leisten.

Die Idee, eine Frauensynode durchzuführen, wurde erstmals von Anna Karin Hammer beim Weltkirchenrat in Genf 1986 formuliert. Die Holländerinnen griffen die Idee auf, und im August 1987 hielten sie ihre Erste Frauensynode in Driebergen ab. An-

laß war die Feier des zehnjährigen Bestehens der Frau-und-Glaube-Bewegung, einer ökumenischen Bewegung von etwa 500 Frauen-Diskussionsgruppen in Holland. Mit Absicht wurde dabei der Begriff „Synode" gewählt, um deutlich zu machen, „daß es sich nicht um irgendeine Tagung oder Sitzung handelte, sondern um ein Geschehen, in dem Macht im konstruktiven Sinn eine Rolle spielte (Lideke In't Veld/Har-lem).

Daß dies auch so verstanden wurde, zeigte sich daran, daß von offizieller kirchlicher Seite die legitime Benützung des Begriffes bestritten wurde. Aber nicht nur kirchliche Kreise unterschiedlicher konfessioneller Richtung hatten mit dem Begriff „Frauensynode" ihre Probleme. Von feministischer Seite wurde der Begriff „Synode" als patriarchal besetzt kritisiert.

Trotzdem setzte sich der Begriff durch, ausgehend von dem Prinzip, das die Theologin Elisabeth Schüss-ler-Fiorenza auch mit dem Begriff Frauen-Kirche vertritt: Traditionell patriarchale Begriffe, Texte und Einrichtungen werden neu gesehen, neu gedeutet und von einem frauenzentrierten Standpunkt in Anspruch genommen.

Die Idee einer Europäischen Frauensynode setzte sich nach mehreren Rückschlägen ebenfalls durch. Die österreichischen Theologinnen Ingrid Jehle und Edeltraud Winder-Schobel

brachten die Idee einer Österreichischen Frauensynode vom Netzwerk-Treffen in Bad Boll 1990 mit, bei dem ein erster Stufenplan für die Abhaltung von Frauensynoden in den einzelnen europäischen Ländern erarbeitet wurde.

Breite Unterstützung

Es bildete sich die österreichische „Initiativgruppe Frauensynode" mit acht bis zehn Mitgliedern. Sie ist ökumenisch besetzt und will Frauen unterschiedlicher kirchlich-religiöser und politischer Herkunft ansprechen. Seit Juli 1991 wird am Zustandekommen dieser ersten Österreichischen Frauensynode gearbeitet, die vom 2. bis 4. Oktober in Puchberg bei Wels stattfindet und „Frauen und Macht" zum Thema hat.

Die Österreichische Frauensynode wird dabei von einer Plattform unterstützt, die nicht nur innerhalb Öster-

reichs einmalig ist. Feministische Theologinnen genauso wie traditionelle Frauenorganisationen der Katholischen, Evangelischen AB/HB, Altkatholischen und Methodistischen Kirchen, Frauenberatungsstellen, Ordensfrauen (Batschuns) und auch die Frauenzeitschrift der autonomen Frauenbewegung AUF unterstützen die Österreichische Frauensynode.

Sie hat sowohl eine österreichische als auch eine europäische Perspektive. Es sollen eine Situationsanalyse und eine Standortbestimmung der Frauen durch die Betroffenen selbst stattfinden und Frauenkultur, Frauenarbeit und Frauengeschichte sichtbar gemacht werden. Repräsentanten und Entscheidungsträger in Kirchen und Gesellschaft sollen dann mit den Ergebnissen konfrontiert werden.

Darüber hinaus soll auch auf die Europäische Frauensynode hingearbeitet werden. Die ökonomischen und

politischen Veränderungen in Europa könnten allzuleicht Frauen in die Kellerräume und Hinterhöfe des neuen Hauses Europa verweisen und das „Herrenhaus Europa" neu zementieren.

Die Frauensynode als Ort und Prozeß frauenzentrierter Reflexion und Praxis orientiert sich dabei an einer Theologie der Selbstbejahung und Solidarität, einer „Option für Frauen". Strategien gegen eine Marginali-sierung von Frauen in Religion, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft sollen entworfen werden. Die patriarchale Vereinnahmung der, .weiblichen Kultur: Der Sprache, der Symbole, der Triebwünsche, der Handlungsnormen und der religiösen Vorstellungen" (Peter Eicher in „Ganze Menschen - Ganze Götter") soll aufgedeckt werden. Die sozio-ökonomi-schen Unterdrückungsmechanismen in verschiedenen Ländern, sozialen Bereichen und Institutionen sind deutlich zu machen.

Europa-Ebene wichtig

Wie groß das Bedürfnis der Frauen und Frauenorganisationen nach einer gesamteuropäischen Zusammenarbeit ist, zeigte die Anwesenheit der Frauenvertreterinnen auf dem ersten Vorbereitungstreffen im Mai dieses Jahres in Driebergen: Die Teilnehmerinnen kamen aus Polen, Schweden, Großbritannien, Deutschland, Ungarn, Tschechoslowakei, Holland und Osterreich. Schweiz, Italien, Irland und Rumänien haben Interesse angemeldet.

Dieser Kreis ist nicht nur ebenfalls ökumenisch besetzt, sondern auch hier verbünden sich feministische Netzwerke mit traditionellen Frauenverbänden.

Das zweifelsohne wichtigste Bündnis, das sich entwickelt hat, ist jenes zwischen den Synoden-Initiativgruppen und dem Ökumenischen Forum christlicher Frauen Europas, der bedeutendsten Arbeitsgemeinschaft christlicher Frauen in Europa.

Die „Frauensynoden-Bewegung" geht von einem Kirchenverständnis aus, das geprägt ist von einem Dialog in einer Gemeinschaft von Gleichgestellten.

Der Begriff „Synode" meint gemeinsam auf dem Weg sein, dieses gemeinsame Unterwegssein bedeutet für Frauen eine Option für die Unterdrückten, Ausgegrenzten und Zu-kurz-Gekommenen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen bedeutet es für Frauen zuallererst „eine Option für uns selbst als Frauen" (Elisabeth Schüssler-Fiorenza in „Brot statt Steine").

Die Autorin ist Theologin und AHS-Lehrerin in Wien.

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