6918248-1981_34_16.jpg
Digital In Arbeit

Fraulich selbstbewußt

Werbung
Werbung
Werbung

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Dohnal!

Bin nur eine einfache Frau, möchte Ihnen aber einmal schreiben, bewun­dere nämlich Ihre Courage, Ihre Ideen usw. Spreche auch oft mit meinem Mann darüber, der eingeschriebenes Mitglied ist, denn wir hätten ja sonst keine Wohnung bekommen.

Gestern hätte Ihnen mein Mann aber fast das Büchel zurückgeschickt, er war ganz wütend, obwohl er nur drei Flaschen Bier getrunken hat. Das kommt selten vor bei uns, da wir soli­de sind und er sich das gar nicht lei­sten kann. Er hat gesagt, andere hal­ben das Büchel wirklich schon zu­rückgeschickt, auf den Tisch will er es Ihnen hauen, und was er noch gesagt hat, das kann ich gar nicht ausdrük- ken, ja das kann man wirklich nicht sagen. Ihnen schon gar nicht.

Er hat mir’s auch dann verboten, es Ihnen zu sagen. Ich getrau mich nicht, solche Worte zu wiederholen, ich fin­de gar keine Worte mehr.

Es ist ja nicht meine Schuld. Habe nicht gewußt, daß er früher nach Hau­se kommt, und habe den Anmeldezet­tel auf der Kredenz liegengelassen. Die Kinder haben es^auch gesehen, haben sich aber gar nichts dabei ge­dacht, auch gar nichts gesagt. Dabei fragt der Ältere immer, wo ich hinge­he, ausbleibe usw. und interessieren sich für alles.

Wie er heimgekommen ist, sieht er natürlich den Zettel von der Volks­hochschule und fragt gleich, was das ist, ein Selbstbewußtseins-Seminar für Hausfrauen. Er ist das von mir nicht gewöhnt, soll mich immer nur für die Erdäpfeln interessieren und für die Kinder und ihre Wäsche, damit sie or­dentlich daherkommen, und daß ich mit dem Wirtschaftsgeld auskomme und für den Strom und den Zins auch noch was bleibt.

Ein Selbstbewußtsein, sagt er, kön­nen wir uns mit vier Kindern nicht lei­sten, da muß man sich nach der Decke strecken, und wenn der Staat schon will, daß wir Hausfrauen selbstbewuß­ter sind, soll er doch mehr Familien­geld zahlen, weil mit Selbstbewußtsein können wir uns nichts kaufen, und im Herbst brauchen sie neue Schuhe.

Habe ihm gesagt, daß die Frau Dohnal,'die ihm im Fernsehen immer so imponiert, das eingeführt hat und ich eben jetzt mitmachen will und mich besser ausdrücken zum Beispiel.

Er ist ein Roter, hat er da geschrien, und er hat auch parieren müssen, muß immer noch parieren, zuerst ein Geld und dann die Musik, sagen sie auch in der Sektion und bei der Gewerk­schaft, und jetzt macht da die Dohnal zuerst eine Musik, und das sollen die

Männer ausbaden, damit sie gar nichts mehr haben, vom Leben. Ein Bauernfang ist das, eine Gaunerei, är­ger als die Schwarzen, und die Dohnal verdient sich bucklig.

Ich kann Ihnen das gar nicht sagen, wie er sich aufgeregt hat. Zu der Fa­milienpartei vom Kendöl geht er noch, und am 1. Mai wird er wallfahr­ten nach Mariazell, wenn das so wei­tergeht.

Aber bevor er Ihnen das Büchel hinschmeißt, habe ich mich lieber wie­der abgemeldet. Bin mit meinem Schicksal so auch zufrieden. War 15 Jahre in der Schuhfabrik, bis sie mich entlassen haben, und die Kinder brau­chen mich ohnedies.

Wünsche Ihnen viel Erfolg für die Seminare und grüße Sie. mit aufrichti­ger Freundschaft.

Ihre Katherina Werdepska

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung