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Freiheit durch Christus

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Wie kann diese Welt und der Mensch in ihr befreit werden von den Mächten der Gewalt und Zerstörung, von den Abgründen der Verzweiflung und Verbitterung? Wie kann der Mensch geheilt werden von so vielen Nadelstichen der Bosheit und der Entwürdigung? Wie kann man dieser Welt noch helfen, in der die Zonen des Elends unaufhörlich wachsen? Wie kann diese Welt erlöst werden, die sich heute anschickt, ihre eigene Umwelt zu vernichten, von der sie lebt? Wie können wir der Katastrophe einer Selbstzerstörung entgehen?

Die Antwort des Papstes auf diese bangen Fragen in der Enzyklika „re-demptor hominis“, spricht zunächst vom tiefen Grund der Erlösung. Die Erlösung geschieht durch den Geist Gottes, aber nicht ohne den Menschen. Wenn die Welt den Geist Gottes aufnehmen will, dann muß sie dem Geist den Vorrang einräumen vor dem Materiellen. Wenn die Welt der Katastrophe entrinnen will, muß sie die Uberordnung des Geistes über die Materie anerkennen, den Vorrang der Ethik vor der Technik, den Vorrang der Person über die Dinge. Die Umkehr des Herzens ist notwendig.

Sie ist deswegen in unseren Tagen so notwendig geworden, weil Ordnung in der Welt nur bestehen kann, wenn dem großen technischen Fortschritt ein ähnlicher Fortschritt im sittlichen Leben entspricht. Der Entwicklung der technischen Macht muß eine Entwicklung der Nächstenliebe entsprechen. Der Fortschritt im Materiellen muß übereinstimmen mit dem Fortschritt in der geistigen Ordnung und daher in der sozialen Liebe und moralischen Verantwortung.

Aber wie kann diese Umkehr geschehen? Hier zeigt uns der Papst drei Stufen: Das erste ist die Wahrheit. Wo die Lüge herrscht, dort wird Erlösung verhindert. Es gibt so viel Lüge in der Welt, denn man will das Unrecht tarnen, Egoismus beschönigen, Gewalttaten vernebeln. Deswegen nennt man oft Befreiung, was Unterwerfung ist und modern, was ein Rückfall in den Egoismus ist.

Den Eltern ruft der Papst zu, iri der Familie diese Wahrheit weiterzugeben an die Kinder durch Vorleben und Vorsprechen. Die Staaten ruft der Papst auf, dieser Wahrheit Raum zu geben im Leben der Völker durch Religionsfreiheit und Gewissensfreiheit.

Aus dem Geist der Wahrheit reift dann die Gerechtigkeit und die Liebe. Daher stammen die Menschenrechte, die zutiefst verbunden sind mit dem Christentum. Sie leiten sich alle ab aus der hohen Würde des Menschen. Denn jeder einzelne Mensch trägt in sich das unzerstörbare Bild Gottes.

Was haben sich im 20. Jahrhundert die Menschen gegenseitig alles angetan: Leid und Ungerechtigkeit, Verwüstungen materieller und moralischer Art, Unrecht im großen Kreis der Völker und im kleinen Kreis der Familie. Der Papst spricht unverblümt vom Unrecht der reichen Völker, die Schätze im Ubermaß aufhäufen, während die anderen vor Unterernährung sterben; von der Geldherrschaft, die politischen Druck auf Völker und Menschen ausübt, Waffen statt Brot liefert, zum Krieg rüstet, statt Schulen zu bauen. Ganz offen spricht der Papst auch von jenen totalitären Staaten, in denen der Bürger eingeschüchtert wird durch Diskriminierung und Unterdrückung.

Tötet nicht, ruft uns der Heilige Vater zu. Tötet auch das Ungeborene nicht! Denkt an die Hungernden, verteilt die Reichtümer der Erde in neuer Weise. Beteiligt das Volk in echter Weise an der Macht des Staates. Sichert die Rechte des Bürgers, achtet den Menschen und nützt ihn nicht aus in egoistischer Weise.

Der Papst übersetzt das Wort Erlösung schließlich durch das Wort Befreiung. Die christliche Freiheit darf man nicht verwechseln mit dem Instinkt des Egoismus, der seine eigenen Interessen meint und andere beherrschen will. Die wahre Freiheit ist auf der Wahrheit begründet. Die wahre Freiheit ist daher tief im Geheimnis der Erlösung verwurzelt. Wer erlöst ist, der ist frei und wer wahrhaft frei ist, der ist erlöst.

Diese innerste Freiheit ist verbunden mit Frieden im Herzen und innerstem Glück. Diese Art von Freiheit, die nichts zu bereuen hat und Frieden im Innersten bringt, geschieht nur durch Liebe, Hingabe und Dienen. Christus befreit uns von allem, was unsere Freiheit hindert. (Aus der Predigt des Kardinals am Ostersonntag im Stephansdom)

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