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Freiheit steckt an

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„Nützen“, beteuerte Huang Yueh-chin, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Taipeh, auf die Frage, ob blutige Unterdrük-kung der Studentendemonstration durch die Regierung der Volksrepublik China der Demokratisierungsbewegung auf Taiwan eher nützen oder schaden werde.

Die Nationalchinesen lassen derzeit Spitzenvertreter von Wissenschaft und Politik die demokratische Welt durchreisen, umihre Botschaft anMann und Frau zu bringen: „Wir sind die Alternative zum kommunistischen China, wir wollen das freie, das demokratische China sein!“

Die Forderung nach Demokratie hat die Studenten am Tienanmen-Platz ihre Freiheit und so manchen Kopf und Kragen gekostet. Das Verlangen nach Beseitigung der Korruption hatte man noch hingenommen. Aber Demokratie - nein. Da waren der greise Deng Xi-aoping und seine früheren konservativen Widersacher eines Sinnes.

Sie sind nicht die ersten, die das Unmögliche versucht haben: einen liberalen, marktorientierten Wirtschaftskurs mit einer totalitären oder doch autoritären politischen Linie zu verbinden. Bis zu einem gewissen Grad waren sie damit in China sogar erfolgreich. Aber irgendwo kommt der Punkt, wo die Erkenntnis unausweichlich wird: Freiheit und Wettbewerb können nicht auf dem Markt richtig und gut, in der Politik aber falsch und des Teufels sein. Obwohl genau das in China jetzt noch einmal versucht wird.

Michail Gorbatschow hat das in der Sowjetunion ziemlich bald durchschaut und steuert auf haardünnem Grat einen schwindelerregendenKurs, bei dem man jeden Augenblick einen Absturz befürchten muß.

Noch kühner gehen die Genossen in Ungarn und Polen vor. In beiden Staaten wagt man sich an echte Reformen im Sinn einer parlamentarischen Demokratie.

In Ungarn sind führende Kommunisten (soll man besser „NominaUKommunisten“ sagen?) drauf und dran, Oppositionsparteien zu gründenJn Polen hat schon das erste Experiment teilfreier Parlamentswahlen die Bildung einer neuen Regierung nahezu unmöglich gemacht.

Jugoslawien ist noch immer dabei, das auf Dauer Unmögliche zu versuchen: eine „sozialistische Marktwirtschaft“ unter der Ägide der Kommunistischen Partei zu verwirklichen. Das Ergebnis sind nicht nur 280 Prozent Jahresinflation, sondern auch noch hundert andere Probleme.

Konkurrenz macht unruhig. Freiheit steckt an. Halbheiten verwelken. Das wird auch Deng noch lernen.

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