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Friede hat eine Chance

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In Spanien hat mit entscheidender Königshilfe die Demokratie gegen das Schwert gesiegt. In Lateinamerika ist das Schwert fast überall noch immer stärker als allgemeines Menschenrecht. Da die Kirche in allen ,.lateinischen" Ländern stark ist, muß sie notwendigerweise Teil dieser Spannungsverhältnisse pein.

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In Spanien hat mit entscheidender Königshilfe die Demokratie gegen das Schwert gesiegt. In Lateinamerika ist das Schwert fast überall noch immer stärker als allgemeines Menschenrecht. Da die Kirche in allen ,.lateinischen" Ländern stark ist, muß sie notwendigerweise Teil dieser Spannungsverhältnisse pein.

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Im Zusammenhang mit dem Wirken des aus Österreich stammenden Missionsbischofs Bonifaz Madersbacher ist es bekanntlich auch zu einfem innerösterreichischen Konflikt gekommen (FURCHE Nr. 7), der mehr als unnötig war.

Dazu wurde am 2. März eine vom 24. Februar datierte Stellungnahme der „Kompaß-Korrespondenz“ der Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialismus (ACUS) veröffentlicht, die klarstellte:

„Es ist unbestritten, daß die kirchliche Entwicklungshilfe gewaltige Leistungen erbracht hat und erbringt. Sie kann in vielen Fällen als Wegweiser für staatliche Entwicklungshilfe dienen.“

Die Erregung kirchlicher Kreise hatte sich auf eine Schlagzeile des oberösterreichischen SP-Organs „Tagblatt“ bezogen, die gelautet hatte: „Österreichs Kirche pulvert Millionen in eine Diktatur.“

Dazu das ACUS-Organ: „Diese (Schlagzeile) hätte in der Tat unterbleiben müssen, weil für ‘die Behauptung, kirchliche Entwicklungshilfegelder wären an die Militärdiktatur Boliviens geflossen, keine Beweise vorhanden sind.“

Dann aber fährt die „Kompaß-Korrespondenz“ fort: „Die legitime Kritik an der besagten Schlagzeile darf aber nicht dazu führen, daß jede Diskussion über die Äußerungen und Verhaltensweise Bischof Madersbachers als Angriff auf die Kirche und deren Entwicklungshilfe denunziert wird.“

Einverstanden. Mehr Verantwortungsbewußtsein beim „Tagblatt“ und eine solche ACUS-Erklärung gleich am Tag darauf hätten viel Aufregung verhindern können. Uber das, was ein Bischof in einer Extremsituation tun kann und soll, kann man natürlich diskutieren. Schwierig genug bleibt es immer noch, wenn man nicht selbst Land, Leute und Verhältnisse gut kennt.

Ein besonders augenfälliges Beispiel liefert dafür im Augenblick auch der mittelamerikanische Staat El Salvador. Dort regierte bis Oktober 1979 eine machtgierige, brutale, korrupte Oberschichtenregierung.

Seither ist ein Kabinett von reformwilligen Militärs und Christdemokraten bemüht, die Lage zu stabilisieren. Zuerst wurde deren Wirken mit Hoffnung, bald aber von wachsender Enttäuschung begleitet. /

Uber 9000 Menschen verloren allein im letzten Jahr durch Terroranschläge das Leben. Reformprogramme wurden verkündet, aber nicht durchgeführt. Der Regierungswechsel in Washington brachte eine Wiederaufnahme amerikanischer Waffenlieferungen an die Regierung Duarte, der Präsident Carter nach der Ermordung von vier US- Klosterschwestern durch unbekannte Täter die Unterstützung entzogen hatte.

Schon die Erschießung des Erzbischofs Oscar Romero während der Messe im März 1980 hatte weltweit

Entsetzen ausgelöst. Auch dafür fand „man“ keine Täter.

Die Argumentation der Amerikaner, die kürzlich eine „Aufklärungsmission“ nach Europa schickten, lautet: Wir haben Beweise (und diese gibt es tatsächlich), daß die linken Guerillagruppen von kommunistischen Staaten mit Waffen versorgt werden. Daher muß man die Regierung Duarte bei der Abwehr der Guerillas stärken!

Tatsächlich wurden Waffen, vornehmlich aus dem Vietnamkrieg, von der UdSSR, Vietnam, Äthiopien und Kuba über Kuba und Nikaragua nach El Salvador geschleust.

Verteidiger der Regierung Duarte behaupten, diese müsse einen Zweifrontenkrieg gegen Linke, denen die Reformen zu langsam, und Rechte, denen sie zu weit gingen, führen. Dazu freilich erklärte der Schweizer Staatsrechtler Richard Bäumlin im „Spiegel^

Diese Behauptung „widerspricht klar den Tatsachen. Die Junta vertritt die Interessen einer kleinen Oligarchie und bedient sich dabei gnadenloser Repression. Mord und Folterung gehören zur Tagesordnung . .. Der Terror wird von Einheiten der Armee und der Polizei ausgeübt.“

Demgegenüber hatte der von Präsident Reagan wegen zu großer Reformsympathien abberufene US-Botschaf- ter in San Salvador, Robert White, am 26. Jänner in „US News und World Report“ eine Lanze für die Regierung Duarte gebrochen:

„Ich garantiere, daß die Linke nicht an die Macht kommen wird, wenn man die Regierung ihr Reformprogramm durchführen läßt… Es wäre ein verheerender Fehler, den rechten Flügel zu unterstützen … Es ist aber auch zu bedenken, daß der Charakter der Linken in El Salvador viel gefährlicher als in Nikaragua ist.“

Was also tun? Offenkundig sind die meisten Salvadorianer mit der jetzigen Situation unzufrieden, was auch Bischof Art ro Rivera y Damas von San Salvador zu einem dramatischen Appell „an alle Kirchen, die an Christus glauben“, veranlaßt hat, die Militär- und Wirtschaftshilfe an die Regierung Duarte einzuste|len.

Andererseits wünscht sicher nur eine kleine Gruppe eine marxistische und eine andere kleine Gruppe wieder eine rechtsextreme Diktatur.

In dieser Situation wäre es gewiß sinnvoll, wenn die USA zusammen mit westlichen Staaten nicht zuerst Waffen an die Junta lieferten, sondern diese zu Friedens- und Reformgesprächen mit allen ernstzunehmenden Gruppen unter Ausschluß der Radikalen zwängen.

Es gibt Signale der Regierung, daß sie dazu bereit wäre. Und es gibt Anzeichen dafür, daß sozialdemokratische Politiker Westdeutschlands und Italiens ebenso wie kirchliche Kreise zur Vermittlung einer solchen Friedenskonferenz bereit sind. Sie tragen eine letzte Hoffnung. Zeit und Not drängen.

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