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Friedens-Spiele

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Wenn Sie diese Zeitung in Händen halten, dann wissen wir schon alle, ob der FC Porto oder der FC Bayern München Sieger im Endspiel um den Europacup geworden ist. Und wir wissen auch schon, wie hoch der FC Bayern gewonnen hat. Theoretisch könnten natürlich auch die Portugiesen gewinnen, aber so etwas vorher schon zu denken, würde ja wirklich gegen alle Regeln des Chauvinismus verstoßen.

Die entscheidende Frage, die unsereinen vor dem Spiel ‘ noch quält, ist ohnehin mehr die nach dem Verhalten der Österreicher.

Nun mach ich mir halt — wie so oft im Leben — größte Sorgen um die Wiener. Werden sie wohl ihre Chance erkennen und nutzen und endlich am FC Bayern wieder alles gutmachen, was sie beim Opemball an unserem Franz Josef gesündigt haben? Werden sie mit dem Schlachtruf .fBayem vor - noch ein Tor!“ ihrem Nachbarland endlich jene Begeisterungswoge des moralischen Rückhalts geben, den sie ihm in Sachen Wackersdorf und Aidstests versäumt haben?

Es ist allerdings gerade den Wienern in ihrer bekannten Heimtücke durchaus zuzutrauen, daß sie auf einen Schelmen noch anderthalbe setzen und die ihnen gleichgültigen Portugiesen nur deshalb unterstützen, um die lieben Bayern erneut zu ärgern. Aber dann wäre natürlich die große Chance verspielt, auf uns einen guten Eindruck zu machen.

Dabei geht es ja gar nicht um Bayern, denn wir fühlen uns eigentlich sowieso immer so in Stimmung, als ob wir Europameister wären. Nein, es geht — wie immer — um Österreich. Sollte nämlich das Versöhnungs-Modell klappen, dann könnte Österreich auf diese nicht mehr ungewöhnliche Weise wieder viele Konflikte durch Friedens-Spiele beenden.

Das Modell, das eine unglaublich gute Atmosphäre schafft, bestünde nur darin: Österreich lädt Fußball- Mannschaften aus verstimmten Ländern ein, in Wien gegen ihre Hauptkontrahenten zu spielen. Sagen wir nur mal zum Beispiel: die Vereinigte Spielvereinigung USA gegen den TSV Libyen. Dank des österreichischen Freundschaftsgebrülls gewinnen die Ami, und Waldheim kann wieder einreisen, ob er will oder nicht.

In einer weiteren Begegnung könnte im Praterstadion der FC Vaticano gegen Roter Stern Kreml spielen. Wenn der Vatikan dank des treugläubigen österreichischen Rückhalts gewinnt, werden sofort alle Erz- und Weihbischöfe, die Wien nur irgendwie entbehren kann, in die römische Kurie befördert.

Soviel hängt von der richtigen Kulisse ab. An den Bayern könntet Ihr’s erproben.

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