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Friedrich Heer

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Friedrich Heer, der am 10. April 75 Jahre geworden wäre (FURCHE 14/1991), ist auch acht Jahre nach seinem Tod unvergessen und wird in diesen Tagen durch Veranstaltungen und eine Ausstellung mit Recht geehrt und verehrt.

Ich selbst habe mich bereits 1985 veranlaßt gesehen, im Böhlau-VerJiag eine „Heer-Schau " herauszugeben, in der „Briefe an und über Friedrich Heer" vereinigt waren und in der viele seiner Freunde zu Wort gekommen sind. Ich fühlte mich zu dieser Initiative nicht zuletzt dadurch motiviert, weil Friedrich Heer, dem ich seit Jahren freundschaftlich verbunden war, wenige Monate vor seinem Tod in den PEN-Informatio-nen eine Würdigung zu meinem 50. Geburtstag schrieb, die erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde.

In diesem Beitrag, der lange und liebevoll ausfiel und laut Auskunft des Bibliographen Heers, Adolf Gaisbauer, ein Unikat im Heerschen Schaffen darstellt, bezeichnete er mich als „Denker der Koexistenz" und in einer Buchwidmung titulierte er mich als „seitenverkehrten Bruder" -und spielte damit wohl auf die gegenläufige Entwicklung an, die wir, er von rechts kommend und nach links gehend, bei mir eher umgekehrt, durchgemacht haben.

Er zeigte sich bei einem meiner letzten Besuche bei ihm auch sehr erfreut, daß es zur Gründung des Ludwig-Boltzmann-Institutes für neuere österreichische Geistesgeschichte kam, das ich seither leite und in dessen Rahmen ich mich bemühe, die österreichische Geistesgeschichte, die Heer ein solches Herzensanliegen war, zu pflegen und auch ins Ausland zu tragen.

Heer war ein Grenzgänger, der zu Nachahmung und Fortsetzung einlädt, obwohl diese Nachfolge nicht nur mit Lorbeeren, sondern auch mit Disteln und Dornen verbunden ist.

Heer hat uns allen vorgelebt, was es heißt, aus dem Geiste zu leben und sich in seinem Dienste zu verausgaben. Auch wenn wir seine Produktivität und Spannweite nicht erreichen, sollten wir uns doch alle, jeder wo er steht und wirkt, seinem Grundauftrag verpflichtet fühlen, den „Kampf um die österreichische Identität" nicht aufzugeben oder als abgeschlossen zu betrachten, sondern inmitten aller Fragwürdigkeiten und Bedrängnisse der Gegenwart weiterzuführen.

In diesem Sinne war der sonst allen Kreuzzugsideen so abholde Friedrich Heer auch ein geistiger Heerführer, der auch nach seinem Tode anführt und nachwirkt.

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