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Frohe Feste

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An der Unfähigkeit der Politiker, die wahren Bedürfnisse des Volkes zu erkennen, zu vertreten und durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen einer entsprechenden Lösung zuzuführen, scheiterten bisher alle Anträge, das Weihnachtsfest mindestens alle Vierteljahre, d. h. nicht nur am 25. Dezember, sondern auch am 25. März, Juni und September zu feieren. Daß es dabei auf dem Kalender zu Kollisionen kommen kann, wenn Weihnachten auf den Karfreitag oder Fronleichnam fällt, ist in Anbetracht der Belebung des Konsumverhaltens un-wesentlich.

Selbstverständlich muß ein Entfall von Freizeit, der dadurch entstehen könnte, ausgeglichen werden, denn es ist dem Konsumenten unzumutbar, Ostereier unter den Christbaum zu legen. Ganz abgesehen davon, daß es da-durch zu einer Schmälerung des Konsums kommen könnte. Dies entspräche jedoch nicht dem Sinn des Festes, welcher ja durch seine mehrmalige Feier vertieft werden soll.

Es ist also vorgesehen, daß, falls Weihnachten in die Osterwoche fällt, Ostern erst anschließend gefeiert wird und ein schul- und arbeitsfreier Zwickeltag dazwischengelegt wird, um den Menschen die geistige Umstellung zu erleichtern.

Die Verbindung von Weihnachten mit Schnee, Frost und langen Nächten ist bekanntlich eine eher heidnische, naturmythische Einstellung, die mit dem geistigen Inhalt des Festes nichts zu tun haben sollte. Es ist daher auch im religiösen Sinne positiv, wenn wir endlich lernen, Weihnachten auch am 25. Juni zu feiern und uns dabei völkerverbindend mit den kli-matischen Bedingungen vertraut zu machen, unter denen unterprivilegierte Christen bisher Weihnachten feiern mußten.

Die Botschaft, daß Advent eigentlich immer ist und wir stets der Ankunft harren sollen, läßt sich bei viertelj ähr licher Feier des Weihnachtsfestes wesentlich besser vermitteln. In dem neuen Kirchen Vierteljahr haben wir die Heilsgeschichte viel besser im Zeitraffer. Die heilsame Hektik der Vorbereitung wird zum Dauerzustand. Wir gewöhnen uns an die überraschungsschwangere Unruhe allmählich. Die Geschenke rotieren schneller. Gegen eine Doppelverwendung des Christbaums, z. B. im Dezember und März, ist bei entsprechender Pflege und Konservierung nichts einzuwenden.

Sozialpolitisch ist der wesentliche Grund für die Aufstockung des Festkalenders darin zu sehen, daß sich die Freizeit der Bevölkerung seit Einführung des Weihnachtsfestes mindestens verdoppelt hat, diese verdoppelte Zeit jedoch ihrerseits doppelt lange empfunden wird. Es besteht somit ein legitimer Bedarf an vier

Weihnachtsterminen pro Jahr. Die Forderung ist ebenso gerecht wie jene nach der 35-Stunden- Woche.

Es kann und darf nicht verschwiegen werden, daß hinter allen diesen Überlegungen auch wirtschaftspolitische Gründe stehen. Schließlich konnte nicht verborgen bleiben, daß die Ausstattung der österreichischen Familien mit Heimcomputern, Videogeräten, Drittskiern, Schmuckdiamanten und Nerzjacken noch immer nicht jenem Standard entspricht, der einem gesunden Angebot gerecht wird.

Die Beobachtung der Käuferge-Grammatik wohnheiten ergab auch, daß bei der gegenwärtigen Kalenderstruktur aufgrund gewisser Spargewohnheiten dem Kapitalfluß wertvolle Mittel entzogen werden. Ein vierfaches Weihnachts-fest ergäbe eine kürzerfristige Bindung der Gelder und einen rascheren Güterumschlag.

Für die Fiskalpolitik ergäbe sich ein Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Die Termine der nächsten Steuererhöhungen könnten in wesentlich rascherer Folge angekündigt werden und so der starken Belebung des Konsums dienen. Voraussetzung dazu wäre freilich, daß auf das vierfa-(Karikatur Candea, Rhein. Post) che Weihnachten auch viermal Neujahr folgt, denn die Einführung neuer Belastungen legt man erfahrungsgemäß am besten auf einen Termin, der in einer Art nachweihnachtlicher Völle-Narkose die geringste Empfindlichkeit erwarten läßt. Feinspitze, die diesen Mechanismus durchschauen, zahlen zum Beispiel den zu Silvester bestellten Sekt am besten noch vor Mitternacht. Denn im neuen Jahr ist er schon teurer.

In jener widersprüchlichen Einmütigkeit, welche die Wirtschaft als Verhandlungspartner kennzeichnet, wird zwar das viermalige Weihnachtsfest zur Konsumbelebung gefordert, die viermalige Auszahlung des Weihnachtsgeldes jedoch abgelehnt.

Unter diesen Umständen sieht sich die Bundesregierung leider kaum in der Lage, den dringenden Vorschlägen zuzustimmen. Es ist das wieder ein Beweis für den kurzsichtigen Materialismus der Politik, die nicht zur Kenntnis nimmt, daß Weihnachten mit einem Wunder zu tun hat, welches in Österreich gar nicht oft genug stattfinden kann, r wieder, er mache eine Politik der Mitte“?

Weil er sich hinten und vorne nicht auskennt.

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