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Frustration in Nahost
Im März dieses Jahres ver- urteilte das irakische Regime ei- nen angeblichen zionistischen Spion britischer Herkunft, Mr. Bazof t, zum Tode. Die Hinrichtung wurde hinausgezögert, um interna- tionale Proteste anschwellen zu lassen. Dies wiederum gab Saddam Hussein die Gelegenheit, sich über die ausländische Einmi- schung zu beschweren und natio- nalistische Emotionen aufzupeit- schen. Ein kleines Vorspiel zum Vorgehen gegen Kuweit?
In gewisser Hinsicht ja. Denn das irakische Regime war schon lange der Meinung, daß es nur durch die Verbreitung von Schrecken nach innen und außen Respekt erheischen kann. Schrecken gab und gibt es genug: Massenhinrichtungen, Fol- ter, Massendeportationen und - nach Beendigung des Krieges mit dem Iran - Massaker an der kurdi- schen Bevölkerung durch den Ein- satz chemischer Waffen. Im Golf- krieg unterstützte der Westen eher die irakische Seite gegen die funda- mentalistischen Mullahs; daher wurden Saddams Verbrechen ei- gentlich erst seit dem Fall Bazoft zum Thema.
Nach dem Ende des Golfkrieges verstärkte der Irak seine hegemo- nialen Ambitionen, indem er sich im libanesischen Bürgerkrieg offen an der Seite von General Michel Aoun engagierte. Das Wegfallen der Supermächte-Konkurrenz, die m. E. im Nahen Osten eine konflikt- eindämmende Rolle spielte, erleich- terte die Austragung traditioneller Rivalitäten und die Verfolgung al- ter panarabischer Träume.
Aber Saddam ist nicht Nasser. Nasser stützte sich nicht nur auf ökonomische und/oder militärische Macht, sondern auf einen relativ glaubwürdigen und kohärenten Diskurs nationaler Renaissance - verbunden mit Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit und demo- kratischer Beteiligung. Nichts der- gleichen kann von Saddam behaup- tet werden. Seine relative Popula- rität ist nicht Folge einer inhaltli- chen Attraktivität von Person oder Politik, sondern Resultat von Ver- zweiflung und Frustration, die mit den ungelösten Konflikten der Region zusammenhängen.
Obwohl die gegenwärtige Krise ohne Zutun Saddam Husseins undenkbar wäre, drückt sie doch auch ein allgemeineres Unbehagen aus. Saddam spielt mit weit ver- breiteten Gefühlen: Wiederher- stellung gekränkter Ehre, Konfron- tation mit den USA, Haß gegen Israel. Gleichgültig wie die Krise ausgehen wird, diese Gefühle wer- den bleiben. Nur ein Teil der regio- nalen Spannungen und Probleme kann von außen beeinflußt werden; der Palästina-Konflikt gehört be- stimmt dazu. Der Westen würde tatsächlich an Glaubwürdigkeit im Nahen Osten gewinnen, wenn er mit gleicher Intensität gegen alle Menschenrechtsverletzungen und gegen alle Besatzungsregime zu Felde zöge.
Darin besteht das Dilemma der arabischen Regime, die sich in der Abwehr der irakischen Expansion westlicher Hilfe bedienen wollen. Sie werden zum Feindbild nationa- listisch beziehungsweise funda- mentalistisch orientierter Intellek- tueller und anderer Bevölkerungs- gruppen. Nur muß sowohl die na- tionalistische als auch auch die is- lamische Rhetorik Saddam Hus- seins als taktisch eingeschätzt wer- den. Es geht ihm nur um die Macht.
Und er hat ausgiebig unter Be- weis gestellt, wie er mit dieser Macht umzugehen versteht. Auch die Massen, die ihm jetzt nachlau- fen, würden mit ihm keine besseren Erfahrungen machen. Aber solan- ge die USA ihre Einstellung zur arabischen Welt im allgemeinen und zum israelisch-palästinensischen Konflikt im besonderen nicht einer grundlegenden Revision unter- ziehen, werden viele Araber auf einen starken Mann warten, selbst wenn er die brutalen Züge eines Saddam Hussein trägt.
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